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Geld sparen mit dem „Double Irish“

US-amerikanische Großkonzerne, die ihr Hauptgeschäft mit geistigen Eigentumswerten machen, haben komplexe Fluchtrouten ausgetüftelt, über die sie - ganz legal - ihre Gewinne vor den Steuerbehörden in Sicherheit bringen. So nehmen Googles Gewinne einen Umweg über Irland und Amsterdam, um schließlich auf den Bermudas zu landen.

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Wie der US-Finanznachrichtendienst Bloomberg berichtet, hat Google mit diesem Trick, den Insider als „Double Irish“ oder „Dutch Sandwich“ bezeichnen, seine US-Steuerlast im Lauf der vergangenen drei Jahre um immerhin 3,1 Milliarden Dollar (2,2 Mrd. Euro) gesenkt. Google habe mit 2,4 Prozent die niedrigste Auslandssteuerquote unter den wichtigsten fünf US-Technologiekonzernen. Google erwirtschaftete im verganenen Quartal einen Umsatz von 7,29 Milliarden Dollar (5,2 Mrd. Euro).

Der Steuertrick funktioniert so: Die Google-Zentrale in den USA lizenziert ihre wichtigsten Technologien wie die Suchalgorithmen und das System für Kleinanzeigen im Web an die Firma Google Ireland Holdings, der auch die dortige Google-Niederlassung mit rund 2.000 Mitarbeitern gehört. Diese Niederlassung namens Google Ireland Limited generiert 88 Prozent der 12,5 Milliarden US-Dollar, die Google 2009 außerhalb der USA eingenommen hat.

Von Irland auf die Bermudas

Google Ireland Limited wiederum musste auf der „grünen Insel“ 2009 weniger als ein Prozent seines Umsatzes versteuern, weil das Unternehmen umgerechnet rund 5,4 Milliarden Dollar Lizenzgebühren an Google Ireland Holdings gezahlt hat. Die Holding jedoch sitzt keineswegs in Irland, sondern im Steuerparadies der Bermuda-Inseln, wo das Geld von lokalen Treuhänderanwälten in Empfang genommen wird.

Damit die irischen Steuerbehörden nicht zuschlagen können, geht das Geld von Dublin aus nicht direkt auf die Bermudas, sondern via Amsterdam, denn das irische Steuerrecht begünstigt Lizenzzahlungen innerhalb der Europäischen Union. In der niederländischen Metropole sitzt laut Bloomberg eine Google-Tochterfirma namens Google Netherlands Holdings B.V., die erst gar keine Angestellten hat.

Diese Firma kann dann 99,8 Prozent der erhaltenen Gelder auf die Bermudas überweisen. Die dortige Niederlassung muss aufgrund ihrer Gesellschaftsform keine Finanzdaten öffentlich machen. Steuerexperten bezeichnen diese Konstruktion als „Double Irish“ - wegen der Eigentümerstruktur in Irland - und „Dutch Sandwich“.

Internationale Ausweichmanöver

Illegal ist an diesem Konstrukt nichts. Das irische Steuerrecht zielt darauf ab, ausländischen Konzernen möglichst günstige Niederlassungsbedingungen zu bieten. Google hat sogar drei Jahre mit den US-Steuerbehörden verhandelt, um sich dann 2006 die Verrechnungspreisgestaltung absegnen zu lassen. Nach US-Steuerrecht müssen die ausländischen Töchter heimischer Firmen für Lizenzgebühren den marktüblichen Preis zahlen. Da diese Gebühren in den USA besteuert werden, handeln die Konzerne sie in Gesprächen mit den Steuerbehörden auf ein möglichst niedriges Niveau herunter.

Google ist nicht der einzige US-Konzern, der den „Double Irish“ spielt. Auch Microsoft und die US-Pharmafirma Forest Laboratories wenden dieses Konstrukt an. Laut einem Bericht des Dienstes vom Mai entgehen dem Staat dadurch insgesamt jährlich geschätzte 60 Milliarden Dollar, und das bei einem voraussichtlichen Budgetdefizit von 1,5 Billionen Dollar (eine Billion Euro) im laufenden Jahr. Wie das US-Wirtschaftsmagazin „BusinessWeek“ schreibt, ist auch das Soziale Netzwerk Facebook derzeit dabei, einen „Double Irish“ einzurichten. Das Facebook-Geld soll allerdings nicht auf die Bermudas abfließen, sondern auf die Cayman-Inseln.

Eine Frage der Moral

Laut „BusinessWeek“ versuchten die US-Finanzbehörden bereits 2009, neue Steuern auf Geldtransfers zwischen ausländischen Töchtern von US-Unternehmen zu erheben. Allerdings hätten Lobbyisten mehrerer Großkonzerne, darunter General Electric, Hewlett-Packard und Starbucks, das verhindert, wie aus Recherchen der NGO Center for Responsive Politics hervorgegangen ist. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama sei momentan nicht geneigt, den Plan weiter zu verfolgen.

Obwohl die besagten Konstrukte legal sind, werfen sie doch Fragen aus dem Bereich der Wirtschaftsethik auf. Bloomberg zitiert den US-Wirtschaftsprofessor Abraham J. Briloff, der darauf hinweist, dass die Entwicklung von Googles zentraler Innovation, dem Page-Rank-System, mit dem Websites nach ihrer Relevanz geordnet werden, mit öffentlichen Geldern der National Science Foundation (NSF) gefördert worden sei. Google-Mitgründer Sergey Brin habe darüber hinaus ein vom US-Steuerzahler finanziertes staatliches Stipendium erhalten. Briloff: „Google hat das Motto ‚Don’t be evil‘, aber sie tun doch Böses, und zwar direkt vor unseren Augen.“

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