Das ewige Mädchen
Manchmal passiert es Jane Birkin immer noch, dass sie aus fremden Schlafzimmern die eigene Stimme hört. Vorzugsweise an lauen Sommerabenden, wenn Fenster und Balkontüren weit geöffnet sind. Ihr gestöhnter 60er-Jahre-Song „Je t’aime, moi non plus ...“ gehört heute noch für verliebte Paare zu den Klassikern der Begleitmusik.
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Birkin war 22, als sie dafür mit Serge Gainsbourg ins Studio ging. Die Lieblingsengländerin der Franzosen ist sie bis heute geblieben. Dabei war sie für den Titel nicht einmal erste Wahl. Gainsbourg, das ewige „Enfant terrible“ der französischen Musikwelt, hatte das Lied schon 1968 für Brigitte Bardot geschrieben. Die beiden nahmen den Titel auch gemeinsam auf. Dann bekam „B. B.“ jedoch Angst vor der eigenen Courage. Erst Jahre später gab sie die Aufnahme frei.

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Nach Serge Gainsbourgs Tod wollte Jane Birkin nie wieder singen.
Also setzte sich Gainsbourg nochmals mit Birkin zum Stöhnen vor die Mikrofone. Der gesungene Orgasmus wurde - wie erwartet - zum großen Skandal. Nicht nur die BBC weigerte sich 1969, das „schmutzige Lied“ zu spielen. Echt oder nicht, das war damals die Frage. Die Liebesbeziehung zwischen der jungen englischen Schauspielerin, die ihren Durchbruch im Filmklassiker „Blow Up“ hatte, und dem 18 Jahre älteren Franzosen füllte in Europa die bunten Blätter.
Unzählige Aufnahmen mit Gainsbourg
Die beiden heirateten, bekamen eine Tochter (Charlotte Gainsbourg, heute selbst Sängerin und Schauspielerin), blieben zwölf Jahre zusammen und nahmen auch nach der Trennung noch viele gemeinsame Lieder auf. Als Gainsbourg im März 1991 starb, verkündete Birkin: „Ich werde nie mehr singen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, mit anderen Leuten eine Aufnahme zu machen.“ Sie tat es dann doch - alles in allem wurden es bis heute 16 Platten.
Seit Gainsbourgs Tod wird zunehmend anerkannt, dass sie auch ohne den großen Partner ein künstlerisches Leben hat. Neben der Musik hat sie inzwischen mehr als 70 Filme auf ihrem Konto - die Viennale widmete ihr 2005 ein Tribute. Neben „Blow Up“ sind darunter auch andere Klassiker wie „Der Swimmingpool“ (an der Seite von Romy Schneider und Alain Delon) und „Tod auf dem Nil“. Ihren mädchenhaften Charme hat sich die Mutter von drei Töchtern - von drei verschiedenen Vätern - über all die Jahre bewahrt. Immer noch trägt sie mit Vorliebe Turnschuhe, weißes Männerhemd und Jeans.
Aber bei aller Lässigkeit hat Birkin auch in der Welt der Luxusmode ihre Spur hinterlassen: Seit 1984 trägt eine der teuersten Hermes-Handtaschen ihren Namen. Für die übergroßen „Birkin Bags“ werden Preise bis zu 30.000 Euro gezahlt. Gerade bei vielen jüngeren Musikern und Modeleuten gilt sie heute als Stilikone - was ihr überhaupt nicht gefällt. „Ikone“, sagt sie dann, „das klingt, als ob man ein Totempfahl wäre.“
Christoph Sator, dpa
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