Themenüberblick

„Altes Leben ist vorbei“

Das Leben für die nach einem Stolleneinsturz in einem chilenischen Bergwerk eingeschlossenen Kumpel ist nach ihrer Bergung nicht mehr dasselbe. Nun, nach ihrer Rückkehr, kommen auf die 33 Männer vollkommen neue Anforderungen zu.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Für die Bergleute „wird es schwierig“, hatte der deutsche Traumaexperte Georg Pieper vor der Bergungsaktion gesagt. Die Männer brauchten danach unbedingt psychologische Betreuung. Pieper war 1988 als erster Psychologe hinzugezogen worden, als sechs Bergleute drei Tage lang in einem Stollen im hessischen Borken in Deutschland verschüttet waren. Er betreute die Männer über fünf Jahre und ist noch heute mit ihnen in Kontakt.

„Die Männer in Chile werden viele Monate lang Hilfe brauchen“, sagte er. Die Erfahrung von Todesangst und Trennung von Familie und Freunden werde unterschiedlich verarbeitet: „Der eine macht sein Testament, der andere ist unerschütterlich.“ Im Anschluss an eine solche Erfahrung könnten sich laut Pieper Traumafolgestörungen entwickeln wie Depressionen und Klaustrophobie. Auch der Druck durch die Medien könne als Belastung erfahren werden.

Begleitung erforderlich

Auch Enrique Chia, Psychologe an der katholischen Universität Chile, prognostizierte: „Das alte Leben ist vorbei.“ Das neue Leben der Kumpel berge eine Menge Risiken. „Wenn sich die Lebensbedingungen plötzlich ändern, muss man sich neu anpassen“, sagte er. „Angesichts des Todes denkt jeder darüber nach, was er im Leben erreicht hat und was nicht“, betonte Margarita Loubat von der Universität von Chile. Auch bei diesem Prozess brauchten die Männer Begleitung.

Die Regierung werde die Männer, die jetzt Volkshelden geworden seien, nicht im Stich lassen, betonte der chilenische Gesundheitsminister Jaime Manalich. Er stellte den Bergleuten professionelle psychologische Unterstützung für mindestens sechs Monate in Aussicht.

Schwieriger Umgang mit der Außenwelt

Für Chia ist der Umgang mit der Außenwelt am schwierigsten. „Die Familie, die Gewohnheiten, die Realität des Landes - alles hat sich geändert“, sagt er. Experten der US-Weltraumbehörde NASA, die die chilenischen Rettungstrupps im September berieten, hatten besonders auf die Auswirkungen der „hohen Bekanntheit im Land, den Druck durch die Medien und die Gesellschaft“ hingewiesen. „Einige Bergleute werden mit TV-Angeboten bombardiert werden. Sie können sogar Karriere machen“, sagt Rene Rios, Soziologe an der katholischen Universität. Das werde einige Monate anhalten.

Die Bergleute wurden wochenlang auf das Leben unter Tage und die Zeit danach vorbereitet. Immer wieder äußerten sie zuletzt den Wunsch, weiterhin in engem Kontakt zu bleiben. „Obwohl sie aus verschiedenen Regionen Chiles stammen, wollen sie nach ihrer Rettung zusammen bleiben“, berichtete der medizinische Betreuer Alejandro Pino.

Links: