Wettlauf am Smartphone-Markt
Am 21. Oktober bringt Microsoft weltweit sein neuestes Handybetriebssystem Windows Phone 7 auf den Markt. Am Montag zeigte der Hersteller erste Mobiltelefone für Österreich und erste Details zum System. Windows Phone 7 soll Microsoft wieder fix am Markt für Smartphones positionieren.
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Lange Jahre war Microsoft mit seinem bisherigen Handybetriebssytem eine konstante Größe auf dem Mobilfunkmarkt, doch nicht erst seit der Vorstellung von Apples iPhone verliert der Hersteller kontinuierlich Marktanteile. Mit dem Erfolg von Googles Android-Betriebssystem hat sich diese Entwicklung zuletzt deutlich beschleunigt.
Laut jüngsten Daten des Marktforschungsunternehmens Gartner hat Windows Mobile bei Smartphones nur noch einen Marktanteil von weltweit rund fünf Prozent. Damit liegt es deutlich hinter Symbian (41,2 Prozent), Blackberry (18,2 Prozent), Android (17,2 Prozent) und Apples iOS (14,2 Prozent).
Microsoft hat Smartphone-Boom verschlafen
Smartphones gelten als starker Wachstumsmarkt. Laut dem Marktforschungsunternehmen IDC soll der Absatz 2010 im Vergleich zum Vorjahr weltweit um über 50 Prozent zulegen. In Österreich liefen laut dem Marktforscher GfK allerdings nur noch drei Prozent aller im August neu verkauften Handys unter Windows Mobile, dem Vorgänger von Windows Phone 7. Im Oktober 2009 waren es noch zehn Prozent. Googles Android lief auf über einem Drittel der verkauften Geräte, Apples iOS auf mehr als jedem fünften Gerät.

ORF.at/Nadja Igler
Windows Phone 7 auf dem Samsung Omnia 7
Microsoft wolle „so viele Geräte wie möglich“ mit Windows Phone 7 verkaufen, erklärte Petra Jenner, Geschäftsführerin von Microsoft Österreich, bei der Präsentation am Montag. Auf konkrete Zahlen wollte sie sich nicht festlegen. Klar sei aber, dass Microsoft „ein möglichst großes Stück vom Kuchen“ haben wolle, so Jenner. Traditionell bricht Microsoft Zahlen nicht auf Länderebene herunter, es gibt bisher auch keine Prognosen für den weltweiten Markt.
Mobilfunkmarkt „endlich verstanden“
Insgesamt neun Handys kommen zum Start am 21. Oktober auf den Markt, fünf Geräte von HTC, zwei von LG und je eines von Samsung und Dell. Der größte heimische Mobilfunker A1 Telekom Austria ist Launch-Partner für Windows Phone 7 in Österreich und bringt mit dem HTC Trophy, dem HTC 7 HD und dem Samsung Omnia 7 drei Geräte auf den heimischen Markt. T-Mobile Austria wird das HTC Mozart anbieten. Alle anderen Mobilfunker werden ebenfalls Geräte mit Windows Phone 7 verfügbar machen, so Jenner.
Alexander Sperl, Marketingvorstand bei A1 Telekom Austria, erklärte, Microsoft habe bei Windows Phone 7 „endlich verstanden“, was der Kunde wolle. Er glaubt, dass Windows Phone 7 eine Chance auf dem Markt habe. Zu einer Prognose dazu, ob das neu dazugewonnene iPhone von Apple oder Geräte mit Windows Phone 7 beim Mobilfunker mehr Käufer für sich gewinnen können, wollte der TA-Manager sich nicht hinreißen lassen. Der Kunde habe nun aber die Möglichkeit, sich zu entscheiden, so Sperl.
Von Grund auf neu entwickelt
Microsofts bisheriges Handybetriebssystem Windows Mobile ist für die aktuell sehr beliebten Touchscreen-Handys nur bedingt einsetzbar - zu sehr lehnt sich das System an das auf die Interaktion mittels Maus und Tastatur ausgelegte PC-Windows an. Windows Phone 7 hat Microsoft in knapp zwei Jahren von Grund auf neu entwickelt und strenge Hardware-Kriterien wie einen kapazitiven Schirm als Mindestanforderung für die Hersteller festgelegt. Diesen Februar zeigte Microsoft auf der Mobilfunkmesse in Barcelona das System erstmals der breiten Öffentlichkeit.

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Tastatur auf dem Touchscreen-Handy
Hauptbestandteil sind die an die persönlichen Bedürfnisse anpassbaren „Live Tiles“ oder Kacheln auf dem minimalistisch ausgelegten Startbildschirm. Sie sollen dem Nutzer sofortigen Überblick über anstehende Aufgaben, Informationen und Interaktionsmöglichkeiten liefern. „Hubs“ bündeln außerdem thematisch zusammenhängende Anwendungen und Informationen, etwa zu den eigenen Kontakten („People“), Spielen („Games“), Musik, Video und Office.
Perfekte Symbiose mit der Windows-Welt
Wie schon bei Windows Mobile gehören die Integration in Microsoft Office und die gesamte Windows-Welt zu den wichtigsten Verkaufsargumenten von Windows Phone 7. Mit Hilfe von Office Mobile 2010 können Nutzer Office-Dokumente wie Word und Excel anzeigen, bearbeiten und mit anderen Nutzern austauschen. Kontakte und Termine mit Kollegen können via Outlook und Sharepoint direkt auf dem Handy abgeglichen werden. Ohne professionelle Office-Lösung sollen die Daten mittels Microsofts Online-Speicherlösung Skydrive ohne große Mühen gesichert werden können.
Dreh- und Angelpunkt für „Life Maximizer“
Windows Phone 7 soll aber nicht nur professionelle Nutzer, sondern eine breite Palette von Anwendern, die so genannten Life Maximizer, ansprechen. Darunter versteht Microsoft Personen, die ihr Arbeits- und Privatleben möglichst optimal unter einen Hut bringen wollen. So kann man mit Windows Phone 7 nicht nur arbeiten, sondern unter anderem auch Videos schauen, die man vorher über das neue Angebot Zune Video auf dem PC heruntergeladen hat.
Soziale Netzwerke wie Facebook und Windows Live sind fix in das Betriebssystem integriert, der aktuelle Status des jeweiligen Kontakts ist direkt im Adressbuch sichtbar. Umgekehrt können Bilder direkt aus der Fotoanwendung neben Microsofts Live Photoalbum unter anderem auch in Facebook gepostet werden.
Handy als mobile Spielekonsole
Weiters hat Microsoft seine erfolgreiche Gamer-Community und Spieleplattform Xbox Live samt Avataren, Highscore-Listen und Achievements von seiner Xbox-360-Konsole auf das Handy erweitert. Damit peilt Microsoft ganz gezielt jüngere Käuferschichten an.
Spiele und Anwendungen können über den Windows Marketplace direkt auf dem Handy heruntergeladen werden, zum Start soll in Österreich eine zweistellige Zahl von Anwendungen zur Verfügung stehen, weltweit einige Hundert. Neben kleinen Spielen sollen auch Ableger großer Konsolenspiele auf Windows Phone 7 erscheinen - damit erspart sich Microsoft die Entwicklung einer eigenen mobilen Spielekonsole.
Erste Kunden als Betatester?
In Summe wirkt das System auf den ersten Blick deutlich bedienungsfreundlicher als Microsofts bisherige Versuche in der Handywelt, ein gültiges Urteil kann aber erst mit der finalen Software gefällt werden. Wie auch andere Systeme soll Windows Phone 7 außerdem laufend weiterentwickelt werden: Die zum Launch noch nicht verfügbare Zwischenablage soll Anfang 2011 über ein Update nachgeliefert werden. Auch die Funktion zur Nutzung als Modem („Tethering“) soll noch folgen.
Nicht zuletzt angesichts der kurzen Entwicklungszeit drängt sich da der Verdacht auf, dass Windows Phone 7 noch nicht ganz fertig sein könnte - wie ausgereift und konkurrenzfähig es wirklich ist, wird sich am 21. Oktober zeigen.
Nadja Igler, ORF.at
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