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Auf Konfrontationskurs

Für die Aufklärung des Attentats auf den ehemaligen libanesischen Regierungschef und Sunniten Rafik Al-Hariri hat der UNO-Sicherheitsrat ein Tribunal eingesetzt. Noch vor Jahresende soll die Anklageschrift veröffentlicht werden. Die schiitische Hisbollah geht bereits jetzt auf Konfrontationskurs, denn Angehörige der Bewegung werden verdächtigt, am Hariri-Mord beteiligt gewesen zu sein.

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Er werde es „nicht akzeptieren“, wenn das UNO-Tribunal Angehörige der Hisbollah anklagen sollte, betonte der Führer der proiranischen Schiitenbewegung, Hassan Nasrallah: „Es gibt eine neue Verschwörung“, warnte er. Seit Wochen bemüht sich die Hisbollah, das Haager Tribunal als „israelisches Projekt“ zu diffamieren. Anhänger des prowestlichen Lagers im Libanon kritisierten, dass Nasrallah damit versuche, einen Konflikt zu provozieren. Zudem versuchte die Hisbollah die Finanzierung des UNO-Tribunals durch den Libanon zu verhindern und kündigte zudem an, über „Beweise“ für eine Verwicklung Israels in den Hariri-Mord zu verfügen.

Syrische Präsenz

Bei dem Attentat auf Hariri in Beirut im Februar 2005 kamen neben dem Ex-Premier 22 weitere Menschen ums Leben. Hariri-Anhänger werfen dem Nachbarland Syrien vor, hinter dem Anschlag zu stecken. Syriens Militär zog sich nach der „Zedernrevolution“, die durch den Mord ausgelöst worden war, im Frühjahr 2005 nach 29-jähriger Präsenz aus dem Libanon zurück.

Befürchtet wird ein religiös motiviertes Blutvergießen im Libanon, sollte es zu einer Anklage von Hisbollah-Kämpfern kommen. Zuletzt hatten zwischenkonfessionelle Zusammenstöße im Mai 2008 über hundert Todesopfer gefordert. Nasrallah selbst prophezeite dem Libanon eine „heikle Phase“. Okab Sakr, ein prominentes Mitglied der Fraktion von Saad Hariri, dem Sohn von Rafik und derzeitigen Ministerpräsidenten Libanons, betonte am Montag zudem, dass diejenigen, die nun die Professionalität der Ermittler anzweifelten, selbst versucht hätten, diese in die Irre zu führen.

Schulterschluss gegen Israel

Anlässlich der Reise von Syriens Staatschef Baschar al-Assad und König Abdullah von Saudi-Arabien im Juli nach Beirut rief die Hisbollah die arabischen Führer zu einem Schulterschluss gegen das „israelische Komplott“ auf, das hinter dem UNO-Tribunal zur Ahndung des Hariri-Mordes stecke. Über das Tribunal verfolge Israel das Ziel, den Libanon einmal mehr zu destabilisieren. Erst im September hatte Hariri unerwartet erklärt, dass es ein „Fehler“ gewesen sei, Syrien für den Mord an seinem Vater die Schuld zu geben.

Der Besuch von Assad und Abdullah wurde nicht nur als Zeichen der Entspannung zwischen Syrien und Libanon gesehen. „Die eindeutig wichtigste Botschaft dieses Doppelbesuchs ist, dass die Saudis eine neue syrische Vormachtrolle im Libanon zu legitimieren bereit sind“, glaubt der Politologe Hilal Khaschan von der American University of Beirut (AUB). „Es ging hauptsächlich um den Segen Saudi-Arabiens, den Syrien jetzt für die Wiederherstellung des Vormundstatus erhalten hat, wie es ihn vor dem Truppenabzug im Jahr 2005 besaß“, meinte auch der Libanon-Experte Michael Young im AFP-Interview.

Hisbollah-Funktionär verdächtig

Der vom früheren deutschen UNO-Chefermittler Detlev Mehlis vorgelegte Untersuchungsbericht belastete aber auch Familienangehörige des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Syrien hat jede Beteiligung zurückgewiesen. Der syrische Innenminister und frühere Geheimdienstkoordinator im Libanon, General Ghasi Kanaan, starb Ende 2005 in seinem Büro, etwa einen Monat nachdem er mit den UNO-Ermittlern gesprochen hatte. Nach syrischen Angaben erschoss er sich selbst. Im Libanon gibt es Vermutungen, dass er umgebracht wurde.

Israelische Medien brachten ohne Angabe von Quellen weitere Details. Demnach soll ein hochrangiger Hisbollah-Funktionär, Mustafa Badr al-Din, ein Schwager des 2008 in Damaskus getöteten Hisbollah-Kommandanten Imad Muchnijeh, Hauptverdächtiger im Fall Hariri sein. Der israelische Fernsehsender Channel 1 berichtete, dass Saad Hariri Druck auf das UNO-Sondertribunal für den Libanon ausgeübt habe, um zu verhindern, dass dieses die Identität des Hauptverdächtigen für das Attentat preisgibt. Al-Din gilt als Anwärter auf den Posten des Hisbollah-Militärchefs.

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