Häupl braucht Koalitionspartner
SPÖ, ÖVP und Grüne sind die Verlierer der Gemeinderats- und Landtagswahl in Wien. Laut vorläufigem Ergebnis verlor die SPÖ ihre absolute Mandatsmehrheit. Die ÖVP stürzte auf ein Rekordtief ab und liegt nur noch knapp vor den Grünen. Die FPÖ verzeichnete hingegen gewaltige Zuwächse und erreichte Platz zwei. BZÖ und KPÖ schafften den Einzug nicht.
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Die SPÖ kam laut vorläufigem Ergebnis auf 44,29 Prozent - ein Minus von 4,80 Prozentpunkten. Das bedeutet, dass sich Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) einen Regierungspartner suchen muss. Klarer Gewinner war mit einem Zuwachs von 12,15 Prozentpunkten die FPÖ, die mit jetzt 26,98 Prozent an ihre Ergebnisse aus den 1990er Jahren anschließen konnte. Vor allem in den Arbeiterbezirken gab es sehr starke Zuwächse: mehr als 37 Prozent in Simmering, knapp 35 Prozent in Floridsdorf und Favoriten - mehr dazu in wien.ORF.at.
Schwer geschlagen wurde die ÖVP, die mit 13,25 Prozent 5,52 Prozentpunkte verlor und damit parteiintern auf den vorletzten Platz vor Kärnten zurückfiel. Die Grünen kamen auf 12,21 Prozent (minus 2,42 Prozentpunkte). Marginal zulegen konnte das BZÖ, die KPÖ verlor leicht. Mit 1,35 Prozent bzw. 1,14 Prozent werden beide nicht im Gemeinderat vertreten sein - mehr dazu in wien.ORF.at.
Vorläufiges Ergebnis der Wien-Wahl 2010
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Partei |
Prozent |
Mandate |
SPÖ |
44,29 |
49 |
ÖVP |
13,25 |
13 |
Grüne |
12,21 |
10 |
FPÖ |
26,98 |
28 |
BZÖ |
1,35 |
0 |
KPÖ |
1,14 |
0 |
Sonstige |
0,79 |
0 |
49 Mandate wird demnach die SPÖ künftig laut vorläufigem Ergebnis im Gemeinderat haben (bisher 55), 28 die FPÖ (bisher 13). Die ÖVP verlor fünf Sitze und hat folglich 13, den Grünen kamen mit zehn Mandaten vier Sitze abhanden.
Warten auf Wahlkarten
Große Veränderungen werden auch durch die erst kommende Woche ausgezählten Briefwahlstimmen nicht mehr erwartet - jedenfalls nicht die „Absolute“ für die SPÖ. Insgesamt wurden 162.039 Wahlkarten beantragt - das entspricht 12,93 Prozent der Wahlberechtigten und stellte einen neuen Rekord dar.
1.144.510 Wähler waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,90 Prozent (ohne fast alle Wahlkarten), das wäre ein Minus von 3,91 Prozentpunkten (2005: 60,81 Prozent), wird aber nach Vorliegen aller Wahlkarten noch steigen.

APA/Roland Schlager
Eine Koalition mit der Strache-FPÖ? Häupl: „Das kann ich nicht.“
Häupl: „Bedauerlich“
Als „bedauerlich“ bezeichnete Häupl das starke Minus und ortete Mobilisierungsprobleme. Zugleich stellte er klar: „Eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ, tut mir leid, das kann ich nicht.“ Bei den anderen Parteien habe er keine Präferenz. Enttäuscht reagierte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) auf den Verlust der absoluten Mehrheit. Er habe sich mehr erhofft, „das ist eine Wahrheit, die ich nicht verschweigen will“, so Faymann - mehr dazu in wien.ORF.at
Strache: „Blaues Wunder“
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einem „blauen Wunder“ und erklärte sich umgehend zum Wahlsieger. Er sah einen Wählerauftrag darin, dass weder ÖVP noch Grüne für die SPÖ den „Steigbügelhalter“ für eine Koalition machen. Zugleich forderte er die SPÖ auf, die FPÖ nicht auszugrenzen und eine Zusammenarbeit ernsthaft zu prüfen. „Diffamierungen“ seiner Person kritisierte Strache vehement. Und er schloss nicht aus, mit anderen Parteien Gespräche zu führen.
Marek: „Ernüchternd“
Die erst seit dem Frühjahr offiziell im Amt befindliche Chefin der ÖVP, Christine Marek, musste bei ihrer ersten Wahl sogleich ein herbes Minus rechtfertigen. Es sei ein „ernüchterndes Ergebnis“, das sich nicht wegleugnen lasse, gestand sie ein. An einen Rücktritt, so versicherte sie, denke sie aber nicht, eher an eine Koalition mit der SPÖ. Als „schmerzliche Niederlage“ für die ÖVP bezeichnete ÖVP-Bundesparteiobmann Josef Pröll die Verluste der Volkspartei.
Vassilakou abwartend
„Die Grünen haben die Fähigkeit und den Willen, Neues beizutragen für diese Stadt“, ließ deren Spitzenkandidatin Maria Vassilakou keinen Zweifel an ihrem Wunsch, gemeinsam mit der SPÖ zu regieren. Eine Dreierkoalition aus ÖVP, FPÖ und Grünen schloss sie dezidiert aus. Ähnlich wie die ÖVP geht auch sie davon aus, dass die Briefwahlstimmen das Ergebnis noch nach oben korrigieren. Für die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig ist das Minus ihrer Partei bei der Wien-Wahl „unerfreulich“, das Ergebnis „enttäuschend“.
„Es geht weiter“, so Walter Sonnleitner vom BZÖ. Man könne nicht einfach aufgeben. Das Ergebnis sei für ihn und für die Partei mehr als ernüchternd. Die Verluste für die KPÖ seien selbstredend schmerzlich, sagte Spitzenkandidat Didi Zach.
Rot-Schwarz für Experten wahrscheinlich
Die rot-schwarze Bundesregierung könnte damit zum Vorbild für Wien werden. Häupl gilt als Großkoalitionär, laut Experten ist Rot-Schwarz in Wien wahrscheinlich. Es wäre eine Koalition der „Hauptverlierer“, wie es hieß. Rechnerisch seien die ÖVP, aber auch die Grünen die Verlierer, doch die SPÖ habe mit der Absoluten den einzigen Preis verloren, der wirklich gezählt habe, so Politologe Peter Filzmaier - mehr dazu in wien.ORF.at.
Ergebnis der Wien-Wahl 2005
Partei |
Prozent |
Mandate |
SPÖ |
49,09 |
55 |
ÖVP |
18,77 |
18 |
FPÖ |
14,83 |
13 |
Grüne |
14,63 |
14 |
KPÖ |
1,47 |
0 |
BZÖ |
1,15 |
0 |
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