SPÖ verliert die Absolute
Die Wiener SPÖ muss sich wieder einen Koalitionspartner suchen: Laut vorläufigem Ergebnis hat die Partei von Bürgermeister Michael Häupl bei der Gemeinderatswahl die absolute Mandatsmehrheit verloren. Die FPÖ gewann stark dazu und erreichte Platz zwei. Schwer geschlagen wurde die ÖVP, die auf ein Rekordtief abstürzte. Knapp dahinter lagen die Grünen.
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Die SPÖ kommt laut vorläufigem Ergebnis auf 44,12 Prozent - ein Minus von 4,97 Prozentpunkten gegenüber 2005. Die FPÖ gewinnt 12,22 Prozentpunkte dazu und erreicht mit 27,05 Prozent fast Jörg Haiders Rekordergebnis von 1996 (27,94 Prozent) - mehr dazu in wien.ORF.at.
Rekordtief für ÖVP
Die ÖVP verlor 5,53 Prozentpunkte und kommt auf nur noch 13,24 Prozent - weniger als der bisherige Tiefststand (15,26 Prozent) im Jahr 1996. Parteiintern ist die Wiener ÖVP damit auf den letzten Platz hinter Kärnten zurückgefallen - mehr dazu in wien.ORF.at.
Die Grünen landen bei 12,23 Prozent und verloren 2,4 Prozentpunkte. Am Einzug in den Gemeinderat klar gescheitert ist das BZÖ, das auf 1,41 Prozent kommt (plus 0,26 Prozentpunkte). Die KPÖ erreicht 1,15 Prozent (minus 0,32 Prozentpunkte).

SORA/ORF
Nach Mandaten bedeutet das 48 Sitze für die SPÖ (bisher 55) - und damit den Verlust der Absoluten. Die FPÖ hat künftig 28 Sitze im Gemeinderat inne (bisher 13), die ÖVP 13 (bisher 18) und die Grünen elf (bisher 14).
Warten auf Wahlkarten
1.144.510 Wähler waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,58 Prozent (ohne fast aller Wahlkarten), das wäre ein Minus von 4,23 Prozentpunkten (2005: 60,81 Prozent), wird aber nach Vorliegen aller Wahlkarten noch steigen. Insgesamt wurden 162.039 Wahlkarten beantragt - das entspricht 12,93 Prozent der Wahlberechtigten und stellte einen neuen Rekord dar. Sie werden in einer ersten Tranche am Dienstag ausgezählt, die letzten Stimmen dann am 18. Oktober.
In einzelnen Wahlkreisen kandidierten neben SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen, KPÖ und BZÖ das Liberale Forum (LIF), die Liste Mensch-Umwelt-Tierschutz (MUT), die Sozialistische LinksPartei sowie die Plattform Direkte Demokratie für den Gemeinderat. Bei den Bezirksvertretungswahlen traten zahlreiche weitere Listen an, deren Spektrum von „ECHT Grün“ bis hin zu den „Aktiven Arbeitslosen“ reicht.
Häupl kündigt Gespräche mit allen an
Als „bedauerlich“ bezeichnete Häupl das starke Minus und den offensichtlichen Verlust der absoluten Mandatsmehrheit der SPÖ. Es sei „nicht gelungen, die Wähler für die SPÖ zu mobilisieren“. Häupl will jetzt mit allen Parteien sprechen, insbesondere mit ÖVP und Grünen. Eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ lehnte Häupl ab: „Tut mir leid, das kann ich nicht.“

APA/Roland Schlager
Eine Koalition mit der Strache-FPÖ? Häupl: „Das kann ich nicht.“
Wahlgewinner FPÖ-Spitzenkandidat Strache sieht einen Wählerauftrag, dass weder ÖVP noch Grüne für die SPÖ den „Steigbügelhalter“ für eine Koalition machen. Er forderte die SPÖ auf, die FPÖ nicht auszugrenzen und eine Zusammenarbeit ernsthaft zu prüfen.
Schwer enttäuscht zeigte sich ÖVP-Spitzenkandidatin Christine Marek. Es sei ein „ernüchterndes Ergebnis“, das sich nicht leugnen lasse. Sie hoffe allerdings auf einen Zugewinn für die Volkspartei durch die Wahlkarten. An Rücktritt denke sie jedenfalls nicht.
Auch die grüne Spitzenkandidatin Maria Vassilakou rechnet noch mit weiteren Zuwächsen durch die Wahlkarten. Grundsätzlich sei die SPÖ der einzige Koalitionspartner, der für ihre Partei infrage komme - mehr dazu in wien.ORF.at.
Ergebnis der Wien-Wahl 2005
Partei |
Prozent |
Mandate |
SPÖ |
49,09 |
55 |
ÖVP |
18,77 |
18 |
FPÖ |
14,83 |
13 |
Grüne |
14,63 |
14 |
KPÖ |
1,47 |
0 |
BZÖ |
1,15 |
0 |
Bei der Wahl 2005 hatte die SPÖ mit 49,09 Prozent einen Zuwachs von 2,18 Prozentpunkten erzielt und damit ihre absolute Mehrheit an Mandaten im Gemeinderat ausgebaut, die sie 2001 - nach einer Legislaturperiode mit der ÖVP - wieder zurückerobert hatten.
Dank des mehrheitsfördernden Wiener Wahlrechts konnte die SPÖ schließlich 55 der 100 Mandate im Stadtparlament auf sich vereinigen. Ihr einstiger Koalitionspartner ÖVP landete erneut auf Platz zwei, wobei sich die ÖVP mit 18,77 Prozent über einen Zuwachs von 2,38 Prozentpunkten freuen konnte.
TV-Hinweis
Eine verlängerte ZIB2 und „Im Zentrum“ widmen sich ausführlich der Wahl - mehr dazu in tv.ORF.at
Die Freiheitlichen kamen auf 14,83 Prozent (minus 5,33 Prozentpunkte) und lagen damit 0,2 Prozentpunkte vor den Grünen. Am Einzug in den Landtag scheiterte die KPÖ mit 1,47 Prozent der Wählerstimmen, allerdings gelang es mit diesem Ergebnis, das BZÖ mit 1,15 Prozent zu deklassieren. Mit 60,81 Prozent fiel die Wahlbeteiligung auf ein historisches Tief.
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