ACTA: Stille Verhandlungen seit 2007
Das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA hat weltweit für Aufregung unter Konsumentenschützern und Bürgerrechtsorganisationen gesorgt. Die Verhandlungen fanden hinter verschlossenen Türen statt, belastbare Veröffentlichungen von Dokumenten gab es kaum.
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Um dem Problem der Produktpiraterie zu begegnen, hat eine Reihe vornehmlich westlicher Industriestaaten im Oktober 2007 offiziell die Verhandlungen über das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) aufgenommen. Für die Europäische Union war die Abteilung Handel der EU-Kommission an den Verhandlungen beteiligt, die derzeit Kommissar Karel De Gucht untersteht.
Ziel der ACTA-Verhandlungen ist es, unter den teilnehmenden Staaten ein gemeinsames verbindliches Regelwerk für den Umgang mit Produktfälschungen einzurichten. Beispielsweise sollen Unternehmen die Möglichkeit erhalten, gefälschte Ware am Zoll festsetzen zu lassen.
Die beteiligten Staaten
Die ACTA-Staaten umfassen, außer den Mitgliedsländern der EU, Australien, Kanada, Japan, Südkorea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur, die Schweiz und die USA.
Bei der letzten Anhörung zu ACTA im EU-Parlament im September kritisierten einige Abgeordnete, dass China, ein wichtiges Ursprungsland von Produktfälschungen, nicht in die Verhandlungen eingebunden sei.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Die erste Verhandlungsrunde fand im Juni 2008 in Genf statt, bereits im Mai 2008 kamen erste Entwürfe des Abkommens ans Licht der Öffentlichkeit, die bei Konsumentenschützern und Bürgerrechtlern weltweit große Besorgnis auslösten, da in dem Dokument in erster Linie die Bedürfnisse von Konzernen berücksichtigt waren, während NGOs nicht in die Verhandlungen eingebunden waren.
Frühe Formulierungen des Texts ließen etwa darauf schließen, dass ACTA die Teilnehmerstaaten darauf verpflichtet, auch Datenträger von Privatpersonen wie etwa iPods an der Grenze nach nicht lizenzierten Kopien von Mediendateien zu durchsuchen. Kritisiert wurden auch Vorschläge zur Ausweitung der ACTA-Bestimmungen auf Patente, die es Pharmakonzernen ermöglicht hätten, gegen unliebsame Generika aus Schwellenländern vorzugehen.
Kritik am Internetkapitel
Scharfe Kritik von NGOs wie der US-amerikanischen Electronic Frontier Foundation (EFF) erntete das Internetkapitel von ACTA, weil damit die strengen und leicht zu Zensurzwecken zu missbrauchenden Bestimmungen des US-Copyright-Gesetzes auf die Unterzeichnerstaaten ausgedehnt werden würde. Ebenfalls beanstandet wurde die Gleichsetzung lebensgefährlicher Produktpiraterie etwa bei der Fälschung von Ersatzteilen oder Medikamenten mit unlizenziertem Kopieren von Mediendateien.
Auch EU-Parlamentarier bekamen die aktuellen Dokumente nur in geschlossenen Leseräumen zu Gesicht. Trotzdem gelangten immer wieder Entwürfe des Abkommens über das Internet an die Öffentlichkeit. Das EU-Parlament, das sich von der Kommission nur ungenügend über ACTA informiert sah, verabschiedete im März 2010 mit großer Mehrheit eine Entschließung, in der die Unterhändler zu mehr Offenheit aufgerufen wurden. Der erste offizielle ACTA-Entwurf wurde daraufhin im April 2010 von den Unterhändlern publiziert, das sollte allerdings auf Drängen der USA ein einmaliger Vorgang bleiben, danach herrschte wieder Schweigen.
Erst am 6. Oktober 2010, nach der 11. ACTA-Verhandlungsrunde, veröffentlichten die Unterhändler einen gemeinsamen Text, der nun von den teilnehmenden Staaten noch ratifiziert werden muss.
Günter Hack, ORF.at
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