Croupier vs. Atomingenieur
Eigentlich hatten die Autoren einer aktuellen US-Studie ganz anderes im Sinn: George Aamodt von der Radford-Universität in Virginia wollte prüfen, ob die landläufige Überzeugung, dass es unter Polizisten mehr Scheidungen gibt, stimmt.
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Die Studie gibt auch eine Antwort auf diese Fragen - herausgekommen ist aber vor allem eine Liste jener Berufe, in denen Scheidungen besonders häufig sind. Wer mit einer Hochzeit auf eine langanhaltende Beziehung setzt, sollte zuallererst Tänzer meiden, gefolgt von Barkeepern und Masseuren.
Laut der im „Journal of Police and Criminal Psychology“ präsentierten Rangfolge von insgesamt 449 Berufen sind neben Bühnen und Bars Casinos ein besonders „heißes“ Pflaster, denn mit Croupiers und Kassieren scheinen gleich zwei einschlägige Berufe ganz vorne unter den Top 15 auf. Auch bei Fabriksarbeitern - besonders jene in der Lebensmittel- und Tabakbranche - gehen Ehen besonders oft in die Brüche. Die Studie widerlegt auch ein verbreitetes Klischee, wonach die Unterhaltungsbranche für die Treue besonders gefährlich sein soll. Immerhin sind Verbindungen mit Krankenschwestern und Krankenpflegern scheidungsanfälliger.
Die 15 gefährlichsten Jobs:
|
Beruf |
Scheidungsrate |
|
1. |
Tänzer und Choreographen |
43,05 % |
|
2. |
Barkeeper |
38,43 % |
|
3. |
Masseure |
38,22 % |
|
4. |
Kassiere in Casinos |
34,66 % |
|
5. |
Extrusionstechniker |
32,74 % |
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6. |
Croupiers |
31,35 % |
|
7. |
Arbeiter in Lebensmittel- und Tabakfabriken |
29,78 % |
|
8. |
Call-Center-Mitarbeiter |
29,30 % |
|
9. |
Krankenschwestern/Heimhilfen |
28,95 % |
|
10. |
Mitarbeiter in Unterhaltungsindustrie |
28,49 % |
|
. |
Portiere und Gepäckträger |
28,49 % |
|
12. |
Telemarketing-Mitarbeiter |
28,10 % |
|
13. |
Kellner/innen |
27,12 % |
|
14. |
Dachdecker |
26,85 % |
|
15. |
Haushaltshilfen, Putzfrauen |
26,38 % |
|
Kausaler Zusammenhang?
Über die Ursachen, warum Ehen von Menschen mit diesen Berufen überdurchschnittlich oft scheitern, sagt die Studie freilich wenig aus. Denn sie lässt offen, ob es die Art des Jobs ist, die das häufigere Scheitern von Beziehungen auslöst. Genauso gut könnte es umgekehrt sein: Dass nämlich Menschen, die zu instabilen Beziehungen neigen, vermehrt zu diesen Berufen tendieren oder dass es gar keinen kausalen Zusammenhang gibt. Aamodt selbst gesteht ein, dass seine Untersuchung diese Frage nicht beantwortet: „Warum sind Barkeeper so und Ingenieure anders? Leider wissen wir das einfach nicht“, so der emeritierte Professor vor kurzem gegenüber der „Washington Post“.
Als Quelle diente den Autoren der Zensus des Jahres 2000. Das Datenmaterial wurde in 449 Beschäftigungen unterteilt. Im Jahr 2000 gaben 16,35 Prozent jener US-Bürger, die zuvor verheiratet waren, an, geschieden oder getrennt zu sein. Daraus ergibt sich auch eine Unschärfe in der Statistik, da jene Personen nicht erfasst sind, die sich zwischen den beiden Bevölkerungserhebungen scheiden ließen und wieder heirateten.
Dagegen wurden bei der Analyse der Daten demografische und jobspezifische Variablen - etwa, dass die Scheidungsrate bei Beziehern geringerer Einkommen und bei Schichtarbeitern höher ist - berücksichtigt.
Ingenieure und Fußpfleger
Interessant ist auch ein Blick auf die „Positivliste“, also jene Berufe, in denen die Scheidungsrate besonders niedrig ist. Am treuesten ist demnach die allerdings recht seltene und möglicherweise das Singleleben bevorzugenden Gruppe von Technikern, die Ampel- und Feueralarmanlagen herstellen. Auch Bauern sind eine sichere Bank, so wie Kleriker und die Kategorie „Leiter religiöser Aktivitäten“ (etwa in der Armee oder in größeren Kirchengemeinden). Eine strahlende Ehezukunft garantiert laut der Studie auch die Verbindung mit einem Atomingenieur.
Die „sichersten“ Jobs:
|
Beruf |
Scheidungsrate |
1. |
Ampel- und Feueralarmtechniker |
0 % |
2. |
Bauern, Agraringenieure |
1,78 % |
3. |
Optiker |
4,01 % |
4. |
Eisenbahnpolizei |
5,26 % |
5. |
Kleriker |
5,61 % |
6. |
Leiter religiöser Aktivitäten |
5,88 % |
7. |
Vertriebsingenieur |
6,61 % |
8. |
Fußpfleger und Fußchirurgen |
6,81 % |
9. |
Atomingenieure |
7,29 % |
Große Bandbreite
Für Österreich gibt es laut Auskunft der Statistik Austria keine Aufschlüsselung der Scheidungsstatistik nach Berufen. 2009 lag die Quote bei 46 Prozent und war damit leicht rückläufig. Diese Zahl drückt, anders als die in der US-Studie verwendeten 16,35 Prozent, die Wahrscheinlichkeit aus, mit der die im jeweiligen Jahr geschlossenen Ehen durch eine Scheidung enden. Zugrunde gelegt wird dabei, dass sich das Scheidungsverhalten nicht ändert. Eine solche Hochrechnung ergibt auch für die USA eine weitaus höhere Quote, jenseits der 40-Prozent-Marke.
Aamodts Studie widerlegt übrigens auch den Mythos vom besonders scheidungsanfälligen Polizisten. Frühere Studien schätzten laut Aamodt die Scheidungsrate bei Exekutivbeamten auf bis zu 75 Prozent. Tatsächlich liegt die Scheidungsrate bei lediglich 14,47 Prozent - und damit fast zwei Prozentpunkte unter der US-weiten Scheidungsrate. Allerdings ist die Bandbreite der Scheidungswahrscheinlichkeit innerhalb der Kategorie „Exekutive“ groß: Während nur 12,5 Prozent der verheirateten Kriminalbeamten geschieden wurden, war die Rate bei Fisch- und Naturparkaufsehern mit 25,5 Prozent mehr als doppelt so hoch.
Guido Tiefenthaler, ORF.at
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