Stille Killer im Dienst des Umweltschutzes
Die US-Marine hat auf der Pazifikinsel Guam vor kurzem mit Hubschraubern einen Bombenangriff der besonderen Art geflogen. Die „Waffen“ dabei waren 200 vergiftete und gefrorene Mäuse, die mit kleinen Kartonflügeln und Fallschirmchen lufttauglich gemacht worden waren. Der Gegner waren Schlangen.
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Was wie eine Parodie auf irrgeistige militärische Anwandlungen a la „Men Who Stare At Goats“ oder „Dr. Strangelove“ klingt, ist ein ernsthafter Versuch zur Rettung der Fauna von Guam, das als Außenterritorium der USA einen der strategisch wichtigsten US-Luftwaffenstützpunkte im Westpazifik beherbergt. Die USA haben dort das Aussterben fast des gesamten Vogelbestands zu verantworten.
Keine nette Natter
Vermutlich schon im Zweiten Weltkrieg wurde die Braune Nachtbaumnatter bei US-Materialtransporten auf die Insel eingeschleppt. Schlangen kannte man davor auf Guam überhaupt nicht. Dem Menschen kann die bis zu drei Meter lange Schlange kaum gefährlich werden. Mit der Vogelwelt Guams hatte die aggressive invasive Schlangenart allerdings leichtes Spiel.
Jahrzehntelang war den USA das Artensterben auf Guam relativ egal. Das stetige Vordringen der Schlangenart auf der Insel lässt jedoch Ängste wachsen, dass die Natter eines Tages den Sprung nach Hawaii schaffen und sich durch die dortige Fauna fressen könnte. Zuvor getätigte Versuche mit dem Aufstellen von Fallen waren wenig erfolgreich.
„Geheimsache“ Mäusebombardement
Damit kam die Navy nun auf die Idee mit dem Mäusebombardement. Die eigentümliche Militäroperation fand bereits Anfang September statt. Das Militär hängte den Einsatz im Dienst des Umweltschutzes jedoch nicht an die große Glocke. Nur das Militärfachblatt „Stars And Stripes“ berichtete - ohne auch nur einen Anflug von Ironie - über die Mausmobilmachung.
Dabei könnte sich das US-Militär mit der Operation Maus tatsächlich Sympathien erwerben. Denn im Unterschied zu früheren Zeiten war den Verantwortlichen bewusst, dass sie mit dem Einsatz von schweren Chemikalien vielleicht den Nattern Herr werden, aber auch das ohnehin schon überbelastete Ökosystem Guams endgültig aus dem Gleichgewicht bringen könnten.
Nageraufrüstung möglich
Die Lösung war ganz einfach: Paracetamol, der „Klassiker“ unter den Schmerzmitteln. Nach zehn Jahren Tests des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) und der US-Umweltschutzagentur (EPA), in denen Schlangen in Labors mit allem Möglichen gefüttert wurden, das sie umbringen könnte, hatten Wildbiologen herausgefunden: Selbst kleinste Paracetamol-Dosen können auf die Schlangen tödlich wirken.
Von da war es nur ein kleiner Schritt zum Mäusebombardement. Den Berichten der US-Navy sind alle Köder gut in Guams Dschungel angekommen. Sie wurden mit Peilsendern versehen, um ihr Schicksal verfolgen zu können. Sollte sich das Experiment bewähren, will die Navy den Versuch auf ein Großbombardement von 100 Hektar (und entsprechend mehr Mäusen) ausdehnen. Wenn auch das glückt, soll das Mäuseflächenbombardement folgen.
Lukas Zimmer, ORF.at
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