Ein umstrittenes Großprojekt
Erste Pläne für eine Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs wurden im April 1994 vorgestellt. Hier eine Chronologie der wichtigsten Etappen der vergangenen Jahre:
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April 1994: Deutsche-Bahn-Chef Heinz Dürr stellt das Projekt Stuttgart 21 mit der Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes vor.
November 1995: Bahn, Bund, Land und Stadt unterzeichnen eine Rahmenvereinbarung, in der auch die Finanzierung des auf fünf Milliarden Mark veranschlagten Projekts festgelegt wird.
November 1997: Das Düsseldorfer Architektenbüro von Christoph Ingenhoven erhält den Zuschlag für den Umbau in einen Durchgangsbahnhof mit Lichtaugen.
Oktober 2001: Das Planfeststellungsverfahren beginnt.
Dezember 2001: Die Stadt kauft der Bahn für 459 Millionen Euro Grundstücke am Stuttgarter Hauptbahnhof ab.
Februar 2005: Das Eisenbahn-Bundesamt erteilt die Baugenehmigung für die Umwandlung des Bahnhofs.
April 2006: Das oberste Verwaltungsgericht Baden-Württembergs weist drei Klagen gegen den geplanten Umbau des Hauptbahnhofs ab.
November 2006: Aus Bahnkreisen verlautet, der Umbau des Bahnhofs und dessen Anbindung an die Neubaustrecke nach Ulm könne wegen Baukostenrisiken um bis zu eine Milliarde Euro teurer werden.
19. Juli 2007: Bund, Bahn, Land und Stadt verständigen sich in Berlin auf die Finanzierung (Memorandum of Understanding) - eine bindende Finanzierungsvereinbarung steht noch aus.
11. November 2007: Naturschützer, Bürgerinitiativen und Grüne präsentieren das Ergebnis einer Abstimmung für einen Bürgerentscheid: 67.000 Bürger stimmten dafür.
20. Dezember 2007: Der Gemeinderat der Landeshauptstadt lehnt einen Bürgerentscheid über das Milliardenprojekt mit großer Mehrheit ab.
19. August 2008: Die Landesregierung räumt Mehrkosten ein. Das Vorhaben soll nicht mehr 2,8 Mrd. Euro kosten, sondern 3,076 Mrd. Euro.
28. November 2008: Mit der Verabschiedung des Haushaltes 2009 macht der Bundestag den Weg frei.
2. April 2009: Der deutsche Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bahn-Vorstand Stefan Garber unterzeichnen die Finanzierungsvereinbarung.
7. Juni 2009: Bei der Kommunalwahl profitieren die Grünen von ihrem jahrelangen Widerstand gegen Stuttgart 21 und werden die stärkste Fraktion im Rathaus der Landeshauptstadt.
8. November 2009: Bahn-Chef Rüdiger Grube räumt erstmals ein, dass das Projekt teurer wird als 3,076 Mrd. Euro.
9. Dezember 2009: Grube geht mit einer Kostenschätzung von 4,1 Mrd. Euro in den Bahnaufsichtsrat. Dieser billigt trotz der Kostensteigerung das Vorhaben.
2. Februar 2010: Die Bauarbeiten beginnen.
27. Juli 2010: Grube gibt eine Kostensteigerung um 865 Mio. Euro auf 2,9 Mrd. Euro für die Schnellbahntrasse nach Ulm bekannt.
11. August 2010: Ein Gutachten für das Umweltbundesamt wird bekannt, das eine weitere Kostenexplosion auf bis zu 11 Mrd. Euro für Stuttgart 21 und erhebliche verkehrstechnische Probleme vorhersagt.
25. August 2010: 14.25 Uhr Baggerbiss am Nordflügel. Die erstmals deutlich sichtbaren Bauarbeiten werden durch sieben Aktivisten gestoppt, die das Dach des Nordflügels besetzen.
26. August 2010: Das Dach des Nordflügels wird von einem Sondereinsatzkommando geräumt.
7. September: Die oppositionelle SPD, die wie die Regierungskoalition aus CDU und FDP für das Vorhaben ist, will die Bürger über das Milliarden-Bahnprojekt entscheiden lassen.
15. September: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt die Landtagswahl in Baden-Württemberg zur Abstimmung über das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21.
17. September: Der SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Drexler tritt als Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart 21 zurück.
24. September: Für das Bahnprojekt wirbt eine Doppelspitze: Dem ehemaligen Stuttgarter Regierungspräsidenten Udo Andriof (CDU) wird der Leonberger Unternehmensberater Wolfgang Dietrich zur Seite gestellt. Gegner und Befürworter des Bahnprojekts Stuttgart 21 kommen zu einem ersten Sondierungsgespräch zusammen. Einen Baustopp lehnen Landesregierung und Deutsche Bahn aber weiter ab.
27. September: Gangolf Stocker, Chef der Bürgerinitiative „Leben in Stuttgart - Kein Stuttgart 21“, bricht Gespräche mit Befürwortern ab.
30. September: Der Konflikt um das Bahnprojekt Stuttgart 21 eskaliert. Bei der Räumung des Schlossgartens werden rund 400 Demonstranten verletzt.
1. Oktober 2010: Die ersten Bäume wurden gefällt.
9. Oktober 2010: An einer Demonstration gegen Stuttgart 21 und den Polizeieinsatz am „schwarzen Donnerstag“ nehmen laut Polizei 65.000, den Veranstaltern zufolge bis zu 100.000 Menschen teil.
15. Oktober 2010: Der von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) als Schlichter vorgeschlagene ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler tritt erstmals in Aktion.
22. Oktober - 27. November 2010: In acht Runden Schlichtung streiten sich Befürworter von Stuttgart 21 und die Verfechter des modernisierten Kopfbahnhofes (K 21) über die Leistungsfähigkeit ihrer Konzepte und deren geologische, ökologische, städtebauliche und finanzielle Aspekte.
30. November 2010: Schlichter Heiner Geißler gibt Stuttgart 21 grundsätzlich grünes Licht, mahnt aber Nachbesserungen an. Die Bahn wird zu einem „Stresstest“ verpflichtet, bei dem sie nachweisen muss, dass der geplante Durchgangsbahnhof in der Spitzenstunde bei guter Betriebsqualität um 30 Prozent leistungsfähiger ist als der bestehende Kopfbahnhof.
10. Jänner 2011: Die während der Schlichtung unterbrochenen Bauarbeiten werden fortgesetzt - begleitet von Protesten.
29. März 2011: Zwei Tage nach dem Wahlerfolg von Grün-Rot bei der Landtagswahl verhängt die Bahn einen Baustopp für Stuttgart 21. Damit gibt der Konzern den Forderungen der Wahlsieger nach.
10. Juni 2011: Die Bahn kündigt an, den Baustopp nach mehr als zwei Monaten Stillstand wieder aufzuheben.
20. Juni 2011: Mehrere hundert S21-Gegner haben nach der traditionellen „Montagsdemonstration“ gegen das Bahnprojekt eine Baustelle gestürmt und dabei neun Polizisten verletzt, einen davon schwer. Die Polizei ermittelt zunächst wegen versuchten Totschlags.
21. Juli: Ein Gutachten des Schweizer Verkehrsberatungsbüros sma bestätigt, dass der geplante Tiefbahnhof den Stresstest bestanden hat und die geforderte Leistung erbringt.
29. Juli 2011: Bei der Präsentation des S-21-Stresstests schlägt Schlichter Heiner Geißler unter dem Motto „Frieden in Stuttgart“ überraschend einen 2,5 bis 3 Milliarden Euro teuren kombinierten Tief- und Kopfbahnhof vor.
10. August 2011: Die Bahn lehnt Geißlers Kombi-Lösung, für die sie Kosten von 5,2 Milliarden Euro berechnet, ab.
13. September 2011: Das grün-rote Kabinett beschließt, dass das Land keinen Cent mehr als die vorgesehenen 824 Millionen Euro zahlt, wenn der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro gesprengt werden sollte.
28. September 2011: Die Volksabstimmung ist im Landtag beschlossene Sache.
21. November 2011: Tausende Teilnehmer bei der 100. Montagsdemonstration gegen S21.
27. November 2011: Knapp 60 Prozent stimmen für den Weiterbau des Bahnhofs. Die Gegner räumen ihre Niederlage ein.