Technologietransfer oder Neokolonialismus?
Afrika ist wirtschaftlich interessant - nicht nur seine Rohstoffreserven, sondern auch die landwirtschaftlichen Flächen stoßen bei internationalen Investoren auf rege Aufmerksamkeit. Die Weltbank hat die Auswirkungen dieses von vielen Kritikern als „Land-Grabbing“ bezeichneten Phänomens, dessen Umfang derzeit kaum einzuschätzen ist, untersucht.
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Fest steht, hieß es in einem vor rund drei Wochen veröffentlichten Bericht, dass entsprechende Geschäfte vor dem Hintergrund steigender Preise für Agrarrohstoffe imer häufiger würden. Gleichzeitig warnte die Weltbank vor möglichen negativen Folgen für Entwicklungsländer.
„Der Schleier des Geheimnisvollen, der diese Landgeschäfte häufig umgibt, muss gelüftet werden, damit nicht am Ende die Armen den hohen Preis dafür bezahlen“, so Weltbankdirektor Ngozi Okonjo-Iweala. „Mit den stark schwankenden Lebensmittelpreisen werden große Landgeschäfte in Entwicklungsländern zunehmend zur Realität.“ Es müsse unbedingt sichergestellt werden, dass dieser Trend „allen beteiligten Seiten“ nütze. Derzeit ist es keine Seltenheit, dass vermeintlich brachliegende Flächen an ausländische Agrarkonzerne oder Finanzinvestoren verkauft werden. Tatsächlich aber werden die sehr häufig von Einheimischen genutzt. Deren Interessen finden mitunter kein Gehör.
Land gegen vage Versprechen
Befürworter dieser Investments hoffen auf Wissens- und Technologietransfer wie etwa neue Bewässerungssysteme und Straßen. Gegner sprechen von einer neuen Form von Kolonialismus.
Handel auf dem Vormarsch
2008 waren die USA mit 15 Prozent der wichtigste Partner Afrikas, gefolgt von China mit 10,6 Prozent und Frankreich mit 8,3 Prozent. Indien (3,5 Prozent) reihte sich nach Italien, Deutschland und Großbritannien auf Rang acht ein. An elfter Stelle war Brasilien. China zählt zu den Vorreitern. Es investierte 2007 bereits 4,5 Milliarden Dollar.
Der Deal heißt meistens: Billiges Land gegen vage Versprechen von Arbeitsplätzen und Infrastruktur. „Das Interesse der Investoren ist fokussiert auf Länder mit schwachen Regierungen“, hieß es in einem Artikel der „Financial Times“ vom Sommer zu dem Thema. Es würden zwar Arbeitsplätze und Infrastruktur versprochen, allerdings stünden Ausbeutung und die Aussicht auf schnelle Gewinne im Vordergrund. Spekulation sei ein Schlüsselmotiv für die Landkäufe. Land würde von Regierungen, die auf das schnelle Geld hofften, oft zum Nulltarif vergeben.
Große Investoren zahlen oft weniger Steuern als landwirtschaftliche Kleinbetriebe. Stetig steigende Preise ziehen auch große Konzerne und Finanzinvestoren an. Diese würden auch mehr davon profitieren, da sie den erworbenen Landbesitz ungenutzt weiterverkauften.
Ausbeutung ohne Nachhaltigkeit
Dieses System wirke sich außerdem negativ auf die Landwirtschaft aus - bis auf wenige erfolgreiche Ausnahmen, wie etwa in Tansania. Denn selten ist in den Ländern, wo billig eingekauft wird, Rechtssicherheit gewahrt. „Selten, wenn überhaupt“ gebe es Bemühungen, die Investitionen in eine breitere Entwicklungsstrategie einzubauen und die Landwirtschaft zu verbessern, kritisierte der Bericht.
Den Investoren fehle es an der Erfahrung, Land zu bebauen und an Kommunikation mit der lokalen Bevölkerung. Häufig gebe es Konflikte über Landrechte. Das Land werde daher schnell ausgebeutet, ohne dass man sich um die nachhaltige Nutzung der Böden kümmere. Die Angst, dass lokale Produzenten an den Rand gedrängt werden, steige dadurch.
Private Großinvestoren
Bereits im Mai zeigte ein Bericht, der in Kooperation zwischen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), dem Internationalen Agrarentwicklungsfonds (IFAD, beide UNO) und dem Internationalen Institut für Umwelt und Entwicklung (IIED) erstellt wurde, dass internationale Investoren willkommen geheißen werden. Neben asiatischen Staaten und den arabischen Emiraten spielen demnach auch private Großinvestoren aus der EU und den USA eine Rolle.
Dieser Trend verschärfte sich vor allem nach einem Versuch der südkoreanischen Firma Daewoo Logistik 2008, sich günstiges Land in Madagaskar zu sichern. Dieser Vorstoß führte damals in dem afrikanischen Land zu einem Aufstand.
Daten gibt es nur wenige. Laut Weltbank sollen etwa zwischen 2004 und 2009 3,9 Millionen Hektar im Sudan und 1,2 Mio. in Äthiopien übernommen worden sein. Die Nachfrage wird kaum nachlassen. Andere Schätzungen gehen davon aus, dass Staaten und Firmen weltweit in Flächen von 15 Mio. Hektar investiert haben - davon betroffen sind aber neben Afrika auch Lateinamerika und Asien.
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