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„Er ist zurückgetreten“

Die Ära von Alessandro Profumo an der Spitze der italienischen Bank-Austria-Mutter UniCredit ist seit dem späten Dienstagabend zu Ende. Nachdem unmittelbar vor einer Sondersitzung Profumos Rücktritt noch dementiert wurde, entzog der Aufsichtsrat dem zuletzt immer stärker unter Druck geratenen Vorstandschef im Zuge der mehrstündigen, emotionsgeladenen Debatte schließlich doch das Vertrauen.

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In der Nacht auf Mittwoch wurde der Rücktritt offiziell bestätigt. „Es gab eine Forderung seitens des Aufsichtsrates, und er ist zurückgetreten“, zitierten die italienischen Nachrichtenagenturen ANSA und Radiocor Profumos Ehefrau Sabina Ratti. Aufsichtsratschef Dieter Rampl wurde das Mandat übertragen, der nun einen Nachfolger suchen muss. Er zählte zuletzt zu den größten Kritikern Profumos.

„Der UniCredit-Aufsichtsrat und Alessandro Profumo stimmen darin überein, (...) dass nach 15 Jahren der Moment für einen Wechsel an der Spitze der Gruppe gekommen ist“, so heißt es in der Erklärung, die nach der viereinhalbstündigen Aufsichtsratssitzung in der Nacht in Mailand veröffentlicht wurde. In der Mitteilung werden die Leistungen Profumos für die Bank hervorgestrichen, deren Kapitalisierung von 1,5 auf 37 Milliarden Euro gestiegen sei.

Profumo wurde damit jene umstrittene Beteiligung libyscher Investoren zum Verhängnis, die für die jüngste Eskalation in einer bereits seit Monaten andauernden Führungskrise sorgte. Man warf ihm zudem einsame Entscheidungen vor.

Vergebliche Beruhigungsversuche

Tripolis war im Oktober vor zwei Jahren auf dem Höhepunkt der Finanzkrise bei UniCredit eingestiegen. Obwohl die italienische „Banca Centrale“ in der vergangenen Woche noch beruhigt hatte, es handele sich bei dem libyschen Engagement um eine reine Investition ohne politischen Hintergrund, stieß der libysche Einkauf auf scharfe Kritik - und nicht nur aus Rom.

Zunächst protestierten vor allem zahlreiche Politiker in Italien, die eine zu starke Einflussnahme Libyens befürchteten. Medienberichten vom Dienstag zufolge forderten dann auch die italienische Zentralbank, Aktionäre wie Allianz und Daimler sowie Rampl eine Erklärung.

Vor allem aus Deutschland sei der 53-jährige Erfolgsbanker Profumo kritisiert worden, zu viele Entscheidungen allein getroffen zu haben, berichtete der Mailänder „Corriere della Sera“ am Dienstag.

Alessandro Profumo

Reuters/Reuters/Remo Casilli

UniCredit-Chef Profumo hat den Machtkampf an der Spitze des Bankkonzerns verloren und muss gehen.

„Ich werde weggeschickt“

Profumo ahnte offenbar bereits zu Beginn seines „längsten Tages“, dass seine Tage als UniCredit-Chef gezählt sein dürften: „Ich werde nach 15 Jahren harter Arbeit einfach weggeschickt“, wie Profumo vom „Corriere della Sera“ Dienstagmittag zitiert wurde. Gleichzeitig rief Profumo in Erinnerung, dass die UniCredit trotz der schwierigen Wirtschaftslage besser als andere Konkurrenten abgeschnitten habe. Auch sprach Profumo von zunehmenden Schwierigkeiten in den Beziehungen zu Rampl.

Irritiert zeigten sich auch die italienischen Sparkassenstiftungen, die zusammen immer noch rund ein Zehntel der Aktien halten. Profumo gab zu, dass er die Ziele seiner Strategie, sich libyschen Investoren zu öffnen, nicht richtig kommuniziert habe. Dabei habe er jedoch ausschließlich im Interesse der Bank gehandelt.

Radikaler Jobabbau

Der höhere Anteil Libyens hat auch die italienische Börsenaufsicht (CONSOB) auf den Plan gerufen. Das nordafrikanische Land ist über die Zentralbank und einen Staatsfonds mit insgesamt 7,6 Prozent beteiligt. Die CONSOB-Experten wollen prüfen, ob die beiden Investoren tatsächlich voneinander unabhängig sind. Anteilseignern sind Stimmrechtsanteile von über fünf Prozent verboten.

Heftigen Streit gab es bereits im Frühjahr über Profumos Pläne zur Straffung des Italien-Geschäfts, die den Abbau von mehr als 4.000 Arbeitsplätzen vorsahen. Der Zwist brachte die Aktionärsstiftungen, die zusammen etwa elf Prozent der UniCredit-Anteile halten und eng mit italienischen Regionalregierungen verbunden sind, gegen den Branchenveteranen auf.

Profumo galt auch wegen der wirtschaftlichen Lage der Bank als geschwächt. Die UniCredit hat die Finanzkrise zwar relativ gut überstanden, kämpft aber weiter mit Problemen in Osteuropa, erholt sich insgesamt nur langsam und weist derzeit eine überaus magere Rendite aus. Manche Investoren hofften, ein neuer Chef könne frische Ideen mitbringen, sagte ein Aktienhändler in Mailand.

Zweimal Europas „Bankier des Jahres“

Profumo - bereits zweimal zum „Europäischen Bankier des Jahres“ gekürt - hatte die einst rein italienische Bank Unicredito zu einem europäischen Institut ausgebaut. Er steht seit 1997 an der Spitze der Bank. Sie wurde unter seiner Ägide durch Fusionen und Übernahmen zu einer der größten Banken Europas. Seit fünf Jahren befindet sich auch die bayerische HypoVereinsbank (HVB) mitsamt ihrer Tochter Bank Austria unter dem Dach der UniCredit.

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