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Ungleiche Entwicklung

Der afrikanische Kontinent hat im vergangenen Jahrzehnt deutlich an Wirtschaftskraft gewonnen, weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit im Rest der Welt. Wie eine Analyse der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) zeigt, ist dieses Wachstum aber sehr ungleich verteilt.

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Das gesamte Bruttoinlandsprodukt (BIP) Afrikas wuchs 2009 um zwei Prozent, während es in den USA (minus vier Prozent), der EU (minus 2,8 Prozent) und Lateinamerika (minus 1,5 Prozent) zurückging, so die Analyse der Unternehmensberatung BCG. Allerdings entwickelte sich Afrika sehr ungleich: 70 Prozent des gesamten BIPs Afrikas wurden von nur acht Ländern erwirtschaftet.

BCG identifizierte in Afrika 40 schnell wachsende Unternehmen, die auf dem Weltmarkt an die Spitze streben. Diese „African Challengers“ erzielen je nach Unternehmensgröße einen jährlichen Umsatz zwischen 350 Mio. und 80 Mrd. US-Dollar (rund 65 Mrd. Euro) und zeichnen sich durch starkes Wachstum, internationale Ausrichtung und ambitionierte Expansionspläne im Ausland aus.

Um 24 Prozent mehr Export

Sie repräsentieren unterschiedlichste Branchen und stammen vor allem aus Südafrika, Ägypten und Marokko. Die übrigen Unternehmen kommen aus Algerien, Angola, Nigeria, Togo und Tunesien. Das Exportvolumen der 40 Wirtschaftsriesen wuchs seit 2003 jährlich um 24 Prozent. „Während die politischen, sozialen und humanitären Herausforderungen des afrikanischen Kontinents weithin bekannt sind, wird seine Wirtschaftskraft oftmals unterschätzt“, erklärte Antonella Mei-Pochtler, Senior Partnerin bei BCG.

BRIC-Staaten bereits überholt

Dabei haben die führenden afrikanischen Märkte, die „African Lions“ Algerien, Botswana, Ägypten, Libyen, Mauritius, Marokko, Südafrika und Tunesien, die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) bei der Wirtschaftsleistung - gemessen an der Bevölkerung - bereits überholt: 2008 lag das BIP pro Kopf dieser Staaten bei 10.000 Dollar im Vergleich zu 8.800 Dollar in den BRIC-Staaten.

Die afrikanischen Herausforderer stammen - mit Ausnahme von fünf Unternehmen - aus diesen Märkten. Sie profitieren einerseits von Standortvorteilen - Bodenschätzen, günstigen Arbeitskräften und einer schnell wachsenden Bevölkerung - sowie andererseits von einem Wirtschaftsumfeld, das durch Deregulierung, nationale wirtschaftliche Entwicklungsvorgaben und weitgehend konstant steigende Rohstoffpreise gekennzeichnet ist.

4,5 Prozent Wachstum erwartet

Die OECD erwartet für Afrika ein Wachstum von real 4,5 Prozent in diesem Jahr, 2011 soll demnach die Wirtschaft um 5,2 Prozent wachsen. Das Ziel einer Halbierung der Armut bis 2015 werden demnach die meisten afrikanischen Länder verfehlen. Regional besonders stark von der Krise betroffen war das südliche Afrika. Dort werde laut OECD-Analyse die Wirtschaft nur um durchschnittlich vier Prozent wachsen. Besonders gelitten hätten unter der Wirtschaftskrise die Ölwirtschaft, andere Rohstoffsektoren und der Tourismus.

„Insgesamt hat Afrika sich gegenüber der globalen Krise als widerstandsfähiger erwiesen als vielfach befürchtet. Einen entscheidenden Beitrag hierzu haben eine solidere Geld- und Finanzpolitik in den Jahren zuvor geleistet“, sagte der Projektleiter der Analyse, Willi Leibfritz.

300 Mio. Afrikaner Mittelschicht

Die Mehrheit der Afrikaner leidet dennoch unter Armut. Gerechnet nach dem Pro-Kopf-Einkommen sind laut Weltbank noch immer zehn afrikanische Staaten - wie Kongo, Liberia und Burundi - die ärmsten Länder der Welt.

Allerdings zählen inzwischen auch schon 300 Millionen der rund eine Milliarde Afrikaner zur Mittelklasse. In Länder wie Angola und Nigeria kehren immer mehr hoch qualifizierte Kräfte aus den USA und Europa zurück. Doch selbst blühende Volkswirtschaften und stabilere Demokratien wie Südafrika und Ghana leiden unter Korruption. In Staaten wie Somalia, Simbabwe und dem Tschad ist Rechtsstaatlichkeit fast ein Fremdwort. In 36 der 53 Staaten Afrikas ist nach Angaben von „Transparency International“ Korruption weiter an der Tagesordnung.

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