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Langer Widerstand aus den USA

Der Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir war der erste, den der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag gegen einen Staatschef verhängte. Im Juni folgten die Haftbefehle gegen den mittlerweile getöteten libyschen Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi und seinen Sohn Saif al-Islam.

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Der durch das Römische Statut 1998 gegründete unabhängige Gerichtshof verfolgt Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dieser Vertrag über das Völkerstrafrecht wurde am 17. Juli 1998 mit 120 Jastimmen gegen sieben Neinstimmen bei 21 Enthaltungen angenommen. Seit 1. Juli 2002 ist das Rom-Statut nach Hinterlegung der 60. Ratifikationsurkunde in Kraft. Bisher traten dem Vertrag 119 Staaten bei, darunter alle EU-Staaten.

Richter 2003 vereidigt

Die 18 Richter wurden erst im März 2003 vereidigt, damit wurde auch die praktische Arbeit aufgenommen. Erster IStGH-Chefankläger ist der Argentinier Luis Moreno Ocampo. Er sieht einen wachsenden Einfluss des Strafgerichtshofs: „Das ist das Schöne hier - wenige Fälle, aber weltweite Wirkung.“

Den Vorwurf von Kritikern, das Beharren des IStGH auf Strafverfolgung könne politische Lösungen von Konflikten behindern, weist er zurück. Haftbefehle gegen hochstehende Leute „leiten häufig deren politischen Niedergang ein“. Er verweist auf Uganda. Seit das Weltstrafgericht 2005 Haftbefehl gegen den blutrünstigen Chef der dort wütenden „Widerstandsarmee Gottes“, Joseph Kony, erließ, sei der Zulauf zu dessen Rebellentruppe erheblich zurückgegangen.

Bush zog Unterschrift zurück

Neben den ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates USA, Russland und China lehnen bisher unter anderen die Atommächte Indien und Pakistan, einige arabische Staaten sowie der Sudan, Israel, Nordkorea, Kuba und der Iran eine Mitgliedschaft im IStGH ab. Teilweise kooperieren aber auch Nichtmitglieder mit dem Gerichtshof.

Widerstand kam aus den USA. Ex-Präsident George W. Bush fürchtete, dass US-Bürger mit juristischen Tricks an den Pranger gestellt werden könnten. Er zog 2002 die Unterschrift der Vorgängerregierung unter das Rom-Statut zurück. Ratifiziert ist der Vertrag in den USA zwar immer noch nicht, Bush-Nachfolger Barack Obama kooperiert allerdings mit dem Internationalen Strafgerichtshof.

Haftbefehl gegen Al-Baschir

Im Prinzip kann der IStGH nur in Staaten aktiv werden, die dem Rom-Statut beigetreten sind. Allerdings kann der UNO-Sicherheitsrat den Strafgerichtshof dennoch einschalten wie etwa im Fall des mutmaßlichen Völkermords in der sudanesischen Region Darfur. Schon im März 2009 wurde ein Haftbefehl gegen Al-Baschir wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur ausgestellt. Im Juli erreichte Chefankläger Moreno Ocampo die Ausweitung des Haftbefehls auf den Vorwurf des Völkermords.

Omar al-Baschir

AP/Abd Raouf

Sudanesischer Präsident Al-Baschir

Ungeachtet des Haftbefehls unternimmt der sudanesische Präsident immer wieder Auslandsreisen und ist nach wie vor auf freiem Fuß, obwohl sein internationaler Bewegungsradius deutlich eingeschränkt ist. Nur in arabischen und afrikanischen Ländern, die ihn weitgehend in seinem Widerstand gegen das Haager Gericht unterstützen und die Römischen Statuten nicht unterschrieben haben, kann er sich sicher vor einer Festnahme fühlen.

Keine Exekutivgewalt

Im Juni 2010 beschlossen die Mitgliedsstaaten bei der ersten Überprüfungskonferenz - unter Beteiligung des Nichtmitglieds USA -, dass der Strafgerichtshof künftig auch das Verbrechen des Angriffskrieges strafrechtlich verfolgen soll. Allerdings muss das noch einmal bestätigt werden, und das frühestens ab 2017. Problematisch bleibt für Richter, Ankläger und Ermittler auch, dass das Gericht keine Exekutivgewalt besitzt, um eigene Entscheidungen vollstrecken zu können.

Strafgericht vs. IGH

Im Gegensatz zum IStGH ist der seit 1946 ebenfalls in Den Haag bestehende Internationale Gerichtshof (IGH) kein unabhängiges Gericht, sondern das höchste Rechtsorgan der UNO. Er fungiert einerseits als Schiedsinstanz für Konflikte zwischen Staaten, die die Zuständigkeit des IGH akzeptieren müssen. Andererseits erstellt er auch Rechtsgutachten wie etwa im Fall des Kosovo-Status, als die Abspaltung für vereinbar mit dem Völkerrecht bezeichnet wurde.

Diese Empfehlungen können aber nur für die Vereinten Nationen (UNO) und deren Unterorganisationen erstellt werden. Dabei handelt es sich um Empfehlungen mit politischer Bedeutung - einen bindenden rechtlichen Charakter besitzen sie nicht.

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