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Große Reden, mangelhafte Umsetzung

Drei Tage lang soll beim Millenniumsgipfels der UNO in New York eine Zwischenbilanz zur Umsetzung der Entwicklungsziele gezogen werden, die vor zehn Jahren auf einem UNO-Gipfel verabschiedet worden sind. Hat man in einigen Punkten tatsächlich Verbesserungen erreicht, so sieht es bei anderen weiter trist aus. Einmal mehr drohen die Appelle und Lippenbekenntnisse als Schönwetterreden zu verpuffen.

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Zum Auftakt des Gipfels warnte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon vor einem Nachlassen der Entwicklungshilfe für die armen Länder gewarnt. Mit größerem politischen Willen und zusätzlichen Finanzmitteln könne der Lebensalltag von Milliarden Menschen verbessert werden, sagte Ban. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy schlug eine Steuer auf Finanztransaktionen zur Finanzierung des Kampfes gegen die Armut vor.

EU sagt Milliarde Euro zu

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte am Dienstag vor einem Scheitern der Armutsbekämpfung, sollte die
Entwicklungshilfe nicht stärker an Bedingungen geknüpft werden. Merkel nannte in ihrer Rede vier Elemente, um Armut effektiv bekämpfen zu können: Friede und Sicherheit, Minderung der Armut, Schutz der Umwelt sowie die Förderung von Menschenrechten, Demokratie und guter Regierungsführung. Notwendig sei zudem, die vorhandenen Finanzressourcen für die armen Länder wirkungsvoller einzusetzen. Dabei seien die Regierungen der Empfängerländer in der Pflicht, durch gute Regierungsführung einen sinnvollen Einsatz der Mittel sicherzustellen.

Die EU sagte die Summe von einer Milliarde Euro zur Erreichung der Millenniumsziele zu. Mit dem Geld sollten vor allem jene Ziele der Armutsbekämpfung erreicht werden, von denen die Weltgemeinschaft noch am weitesten entfernt sei, kündigte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso an.

Nur zwei Ziele vor Umsetzung

Die Millenniumsentwicklungsziele sehen unter anderem bis 2015 eine Halbierung der Zahl der Hungernden und der Armen, eine Absenkung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel und einen Stopp der Ausbreitung von Aids vor.

Laut dem Beigeordneten Generalsekretär in der Abteilung für Wirtschafts- und Sozialfragen, dem österreichischen UNO-Diplomat Thomas Stelzer, hätten zwei Ziele gute Chancen, umgesetzt zu werden: die Halbierung der absoluten Armut und der Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Das Millenniumsziel, dessen Umsetzung die größten Probleme mache, sei dagegen die Müttersterblichkeit. Das sei ein Ziel, bei dem man sich an und für sich schnell Fortschritte erwartet hatte, „aber hier sind die Ergebnisse wirklich sehr traurig, eigentlich alarmierend und katastrophal“, sagte Stelzer dem Deutschlandradio.

Nur fünf Länder halten Vorgabe ein

Nach UNO-Angaben erfüllen derzeit nur fünf Länder das Ziel, 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Österreich ist nicht dabei – im Gegenteil. NGOs und die OECD beklagen seit langem, dass die Entwicklung hierzulande gegenläufig ist. Die Entwicklungshilfe wurde in den vergangen Jahren immer weiter gekürzt, derzeit hält man bei rund 0,3 Prozent des BIP. Unter Abzug der Ausgaben für Flüchtlinge, ausländische Studenten und Schuldennachlässe für Entwicklungsländer blieben demnach in Österreich 0,25 Prozent für „echte“ Armutsbekämpfung übrig, so die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe.

Doch nicht nur Österreich ist bei den Zahlungen säumig. Laut Stelzer müsse man gar nicht darüber diskutieren, die zugesagten Gelder zu erhöhen. Helfen würde schon, wenn die Gelder auch wirklich flössen.

„Tief besorgt“

In dem vorbereiteten Text der geplanten Abschlusserklärung des Gipfels betonen die Staats- und Regierungschefs, dass sie trotz der Fortschritte „tief besorgt sind, dass nicht erreicht wurde, was nötig wäre“. Zugleich bekennen sie sich erneut zu den Zielen der Armutsbekämpfung. „Wir sind überzeugt davon, dass die Millenniumsziele erreicht werden können, auch in den ärmsten Staaten, mit erneuerten Engagement, effektiver Umsetzung und intensivierter gemeinsamer Arbeit von allen UNO-Mitgliedsstaaten und anderen relevanten Organisationen.“ Regierungsunabhängige Organisationen wie Oxfam und die Welthungerhilfe beklagen aber das Fehlen eines konkreten Arbeitsplans in der 31-seitigen Abschlusserklärung.

Zufriedenheit statt Wohlstand?

Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi forderte die Industrienationen auf, gezieltere Hilfe zu leisten, statt sich mit massenhaften Projekten auf ein Land zu stürzen. Bei einer Podiumsdiskussion sagte Zenawi, die Geberländer könnten noch mehr tun, was die Quantität von Hilfe, insbesondere aber die Qualität angehe. Bilaterale Hilfsabkommen seien viel besser, als wenn sich ein Empfängerland mit 60 oder 70 Gebern auseinandersetzen müsse. Oft sei zudem der Ansatz der Hilfe schon falsch. Strategien für die Stadt seien auf dem Land untauglich. „Wir brauchen bessere Ergebnisse pro Dollar“, sagte Zenawi.

Der bolivianische Präsident Evo Morales setzte sich indessen für eine gerechtere Bezahlung von Bodenschätzen ein. Statt über Finanzspritzen zu beraten, sollte man eher darüber reden, wie die Entwicklungsländer für die Ausbeutung ihrer Bodenschätze entschädigt und am Gewinn beteiligt werden könnten.

Das buddhistische Himalaya-Königreich Bhutan schlug ein neues Ziel für die weltweite Wirtschaftsentwicklung vor: Zufriedenheit statt Wohlstand. Die weltweite Konzentration auf materielle Werte sei „gefährlich und dumm“, sagte Ministerpräsident Jigme Thinley am Montag am Rande des UNO-Treffens. Neben dem berechtigten Kampf gegen Hunger, Armut und Krankheiten, dem sich die UNO-Millenniumsziele verschrieben haben, müsse gleichberechtigt das Streben nach Glück und Zufriedenheit stehen, sagte er.

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