„Absolut krank und widerwärtig“
Normalerweise halten Behörden mit Erfolgen bei der Aufklärung von Sexualverbrechen nicht hinter dem Berg. Nicht so im Fall von angeblich jahrelangem systematischem Kindesmissbrauch einer heute 15-Jährigen. Das Schweigen der Behörden in diesem Fall lässt auch Vermutungen laut werden, es könnte um einen Missbrauchsskandal von ungeahnten Ausmaßen gehen.
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Die bisher bekanntgewordenen Details zu dem Fall werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. So hatte erst ein Bericht der „Kleinen Zeitung“ am Freitag den Fall aufgedeckt - obwohl schon am Wochenende zuvor Hausdurchsuchungen und Verhaftungen stattgefunden hatten. Erst am Samstag bestätigten die Behörden zudem, dass seit Mittwoch auch ein pensionierter Grazer Richter in U-Haft ist.
Schockierende Angaben von Mädchen
In Medienberichten wurde der Verdacht laut, der Fall sei wegen der möglichen Beteiligung des Ex-Richters geheim gehalten worden. In den „Salzburger Nachrichten“ („SN“, Samstag-Ausgabe) hieß es etwa, die Staatsanwaltschaft sei nur dann „diskret, wenn’s um Richter geht“. In anderen Berichten wurde angedeutet, es gebe zu dem Fall keine Informationen, weil es sich um ein weit größeres Verbrechen handle als bisher angenommen.
„Der Standard“ (Wochenendausgabe) zitierte etwa eine anonyme Informantin aus dem Justizbereich mit den Worten: „Mir ist schlecht geworden, als ich mir das durchgelesen habe, ich habe gedacht, der Fall Fritzl ist ein Einzelfall - das ist absolut krank und widerwärtig, was da passiert ist.“ Seit dem Vorschulalter soll die heute 15-Jährige von ihren Großeltern gequält und sexuell missbraucht worden sein.
Vorwürfe frei erfunden?
Die Taten sollen immer dann stattgefunden haben, wenn das Mädchen unter der Obhut der Großeltern stand - in den Ferien im Grazer Haus der beiden und, wenn die Eltern verreist waren, auch in der oberösterreichischen Heimat des mutmaßlichen Opfers. Unklar ist, ob möglicherweise auch die Geschwister des Mädchens missbraucht wurden.
Laut den „Salzburger Nachrichten“ (Samstag-Ausgabe) haben die Großeltern das Mädchen gegen Geld auch anderen Tätern zugeführt. Von Massenvergewaltigungen und sadistischen Orgien ist die Rede, bei denen das Mädchen auch schwer verletzt worden sein soll. Der Anwalt des Ex-Richters erklärte jedoch, das Mädchen habe die Vorwürfe frei erfunden.
Behörden tragen zu Verwirrung bei
Aus der Sicht der Betreuer des Mädchens in der Landesnervenklinik Linz sind die Angaben jedoch ernst zu nehmen. Auch wurde offenbar bei den Hausdurchsuchungen vor einer Woche entsprechendes Beweismaterial sichergestellt, das die Verhaftungen gerechtfertigt hat. Die Behörden tun aber vorerst nichts, um diese Widersprüche aufzuklären - im Gegenteil.
Offiziell will man bei der Welser Staatsanwaltschaft nicht einmal bestätigen, dass die Verdächtigen von Graz nach Wels überstellt wurden. Auch, warum die Grazer Ankläger nicht ermitteln, bleibt weiter unklar. In Graz wird darauf verwiesen, dass auch Wels ein möglicher Tatort sein könne. In Wels schweigt man dazu. Offensichtlich gibt es laut dem „Standard“ derzeit auch keine polizeiliche Ermittlungen in Oberösterreich.
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