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Schmuggelwege verkürzen sich

Neue Suchtmittel, neue Märkte: Das ist das Resümee des Weltdrogenberichts 2010, den das in Wien ansässige UNO-Büro für Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung (UNODC) Ende Juni veröffentlicht hat. Während Kokain und Heroin weiter auf dem absteigenden Ast sind, greifen die Konsumenten immer öfter zu synthetischen Suchtstoffen. Unangefochtene Nummer eins bei den Konsumenten bleibt aber Cannabis, das 130 bis 190 Millionen Menschen zumindest einmal pro Jahr rauchen.

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Nach UNODC-Schätzungen greifen etwa 30 bis 40 Millionen Menschen zu synthetischen, Amphetamin-basierten Stoffen - die Tendenz ist steigend. Die Zahl werde bald die von Heroin- und Kokainkonsumenten zusammengenommen übertreffen. Auch der Missbrauch rezeptpflichtiger Medikamente nimmt stark zu.

Billige Synthetikdrogen, kurze Schmuggelwege

„Wir werden das globale Drogenproblem nicht lösen, indem wir einfach die Süchtigen von Kokain und Heroin weg hin zu anderen abhängig machenden Stoffen treiben - und es gibt unbegrenzte Mengen davon, in Labors der Mafia zu verschwindend geringen Kosten hergestellt“, warnte UNODC-Direktor Antonio Maria Costa.

Der Umfang des Marktes für synthetische Drogen sei schwer einzuschätzen, weil die Schmuggelrouten sehr kurz seien, so die UNODC. Allerdings sei die Zahl der gemeldeten Laboratorien für Amphetaminderivate im Jahr 2008 um 20 Prozent gestiegen. Die Hersteller sind sehr flexibel und stellen sich schnell auf neue Produkte ein.

Heroinproduktion um 13 Prozent gesunken

Der Anbau von Opium und von Coca geht hingegen zurück, heißt es in dem Bericht. So sank die weltweite Heroinproduktion 2009 um 13 Prozent auf 657 Tonnen. Sowohl in Afghanistan als auch in Burma wurde weniger Schlafmohn angebaut.

Die Heroinmenge, die aktuell auf den Markt kommt, sei weit geringer, weil große Opiummengen derzeit gehortet würden. UNODC-Schätzungen sprechen von mehr als 12.000 Tonnen Opium, die derzeit auf Lager liegen. Das wäre etwa der weltweite Bedarf für zweieinhalb Jahre.

Etwa 55 Milliarden Dollar (44,9 Mrd. Euro) werden mit Heroin weltweit umgesetzt. Dabei werden in Afghanistan, Russland, dem Iran und Westeuropa etwa die Hälfte der gesamten Heroinproduktion konsumiert.

Erfolgreiche Fahnder in Iran und Türkei

Bei den Heroinaufgriffen liegt Afghanistan hingegen unter ferner liefen. Nur zwei Prozent der in Afghanistan produzierten Opiate werden laut UNODC beschlagnahmt. Der Iran und die Türkei zogen hingegen 2008 etwa die Hälfte des auf der ganzen Welt beschlagnahmten Heroins aus dem Verkehr. In Grenzen halten sich aber die Erfolge der Drogenfahnder sowohl auf der Nord- als auch auf der Balkanroute.

Kokain: Zunehmend europäisches Problem

Der Kokainmarkt hat sich laut UNODC in den vergangenen Jahren von den USA in Richtung Europa verlagert. In den Vereinigten Staaten ging der Konsum signifikant zurück. Costa: „Einer der Gründe für den Drogenkrieg in Mexiko liegt darin, dass die Kartelle um einen schrumpfenden Markt kämpfen.“

Das Problem ist aber über den Atlantik gewandert. In der vergangenen Dekade habe sich die Zahl der Kokainkonsumenten verdoppelt, so das UNODC. 2008 war der europäische Markt mit 34 Milliarden Dollar (27,7 Mrd. Euro) bereits fast so groß wie der nordamerikanische mit 37 Milliarden Dollar (30,2 Mrd. Euro).

Die Verlagerung der Nachfrage bedingt eine Verlagerung der Schmuggelrouten: Die Menge des aus den Andenstaaten über Westafrika nach Europa transferierten Kokains sei stark gestiegen.

Mangel an Therapiemöglichkeiten

Der Weltdrogenbericht sieht einen ernsthaften Mangel an Möglichkeiten zur Suchtgifttherapie weltweit. Speziell die Menschen in ärmeren Ländern seien davon betroffen.

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