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Heftige Debatte über Mindestsicherung

Mit ihrem Vorstoß in Sachen Mindestsicherung ist der Staatssekretärin und ÖVP-Spitzenkandidatin im Wiener Wahlkampf, Christine Marek, zumindest eines gelungen: Sie hat eine heftige Debatte vom Zaun gebrochen und steht im innenpolitischen Rampenlicht. Alle Parteien nutzten die Gelegenheit, die eigene Position klarzustellen.

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Die SPÖ wies umgehend Mareks Forderung zurück, Bezieher einer Mindestsicherung sollten gemeinnützige Arbeit verrichten müssen, wenn sie nach sechs Monaten keinen Job haben. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder sprach mit Blick auf die anstehende Landtagswahl in Wien von einem „billigen Wahlkampfgag“. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (ebenfalls SPÖ) wies auf die bereits bestehenden Sanktionen bei Arbeitsverweigerung vor dem Ministerrat am Dienstag hin. Die Mindestsicherung sei klar mit Arbeitsanreizen verknüpft.

Für SPÖ indiskutabel

Ziel der Mindestsicherung sei es, Menschen wieder zurück in normale Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, und nicht wie in Deutschland in Hartz IV zu verfestigen. Auf die Frage, ob der Marek-Vorschlag nach den bevorstehenden Wahlen vielleicht doch noch diskutiert werde, antwortete Hundstorfer: „Sicher nicht.“ Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) meinte, die vorgeschlagenen „Zwangsdienste“ seien „verwerflich“. Und nicht nur der Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl, sondern auch Caritas-Direktor Michael Landau können der Idee nichts abgewinnen - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Hundstorfer redet mit Marek

Die Regierung einigte sich beim Ministerrat darauf, dass Marek und Hundstorfer ein Gespräch führen werden. Aus Sicht der SPÖ soll Hundstorfer dabei der Staatssekretärin das Modell der Mindestsicherung erklären. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) geht davon aus, dass es dem Sozialminister gelingen werde, „das aufzuklären“. Einen Termin gibt es noch nicht. Faymann hegte aber den „Verdacht“, dass es erst am Montag nach der Wien-Wahl stattfinden wird. Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) sprach dagegen von einer „Verhandlung“.

FPÖ und BZÖ: ÖVP verlogen

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl warf der ÖVP vor, bei der Einführung der Mindestsicherung „hoch und heilig“ versprochen zu haben, dass damit kein Missbrauch möglich sei. Die jetzige Debatte zeige aber, „dass offenbar von jenem Missbrauch ausgegangen wird, vor dem die FPÖ immer gewarnt hat“, so Kickl, der sich gemeinnützige Arbeit grundsätzlich sehr wohl vorstellen kann. Der FPÖ-Generalsekretär betonte, dass trotzdem Missbrauch „auf Kosten anderer, insbesondere der österreichischen Staatsbürger“ sanktioniert werden müsse.

Nach Ansicht von BZÖ-Chef Josef Bucher ist „die Verlogenheitspolitik der ÖVP“ nicht mehr „zu toppen“. Nachdem die ÖVP für die „leistungsfeindliche“ Mindestsicherung gestimmt habe, bekomme sie nun „offenbar Panik, weil viele Wählerinnen und Wähler zu Recht kritisieren, dass die ÖVP die Faulen unterstützt und die Fleißigen durch höhere Steuern und Belastungen bestraft.“

Grüne: Jenseits jeder Schamgrenze

Marek sei jedes Mittel recht, um im Wien-Wahlkampf wahrgenommen zu werden, urteilte Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger: „Sie lässt jede Schamgrenze hinter sich und schlägt verbal auf Arbeitslose und Arme ein.“

Die Staatssekretärin wisse, dass die meisten Arbeitslosen nach durchschnittlich 97 Tagen einen Job fänden: „Sie in einen Arbeitsdienst zu zwingen hieße, sie länger in der Arbeitslosigkeit festzuhalten.“ Es sei daher offensichtlich, dass Marek mit ihrem billigen Sager lediglich versuche, Aufmerksamkeit zu erregen.

ÖVP steht hinter Marek

Die ÖVP hingegen unterstützte Mareks Vorschlag. Klubobmann Karlheinz Kopf meinte, es müsse für die Betroffenen Druck in Richtung Arbeit geben, und man solle den Vorschlag nicht als „Zwangsdienst“ denunzieren. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verwies ebenfalls auf Deutschland. Auf die Frage, ob das ganze nicht reiner Wahlkampf sei, meinte er, das habe „überhaupt nichts“ mit der bevorstehenden Wien-Wahl - bei der Marek ÖVP-Spitzenkandidatin ist - zu tun.

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