Tobias Moretti im Interview
Theater, Fernsehen und Kino - der österreichische Schauspieler Tobias Moretti ist in vielen Gefilden aktiv. In Oskar Roehlers Melodram „Jud Süß - Film ohne Gewissen“ rund um die Verführung der Macht vor dem Hintergrund des NS-Propagandafilms „Jud Süß“ spielt er den Schauspieler Ferdinand Marian. Im APA-Interview erzählt Moretti über seinen Zugang zur Rolle und warum es keine Ideologie mehr gibt.
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Stört es Sie, dass Ihre Figur im Film mit der historischen nicht mehr viel gemein hat?
Moretti: In einer dramatischen Arbeit gibt es ja immer die Fiktion. Darum geht man ja ins Kino und Theater. Für das rein Dokumentarische gibt es andere Medien. Der Film entnimmt immer eine Essenz. Das Angebot, mit Oskar Roehler die Geschichte zu interpretieren, hat mich sehr gereizt, denn über den Ferdinand Marian findet man nicht viel außer den gängigen Klischees. Als Schauspieler ist an dieser Rolle natürlich interessant, in welcher Begeisterung und Sogwirkung Marian sich befunden hat.
Ferdinand Marian hat in einer sehr schwierigen Zeit gelebt. Wie verführbar sind Sie als Schauspieler? Würden Sie für eine Rolle Ihre Ideologie verraten?
Moretti: Also heute überhaupt von Ideologie zu sprechen, ist eigentlich sehr schwierig. Es gibt keine Ideologie mehr. Weder für den Schauspieler noch für den Journalisten, am wenigsten Ideologie gibt es vom sogenannten Fundament der Gesellschaft. Verführbar ist sowieso jeder.
Was halten Sie persönlich von dieser Figur?
Moretti: Wenn man es in der heutigen Zeit versteht, kann man es in der damaligen Zeit erst recht verstehen. Man kann es verstehen, aber man kann so etwas nie entschuldigen. Das darf es auch nie geben, denn sonst wäre das der Untergang.
Der Film hat bei seiner Premiere bei der diesjährigen Berlinale stark polarisiert. Konnten Sie das nachvollziehen?
Moretti: Ich habe diese Irritation damals als positiv empfunden, da so einem Film nichts Besseres passieren kann als die Kontroverse. Es ist sicher ein schmaler Grat, in der Art an das Thema heranzugehen. Die Arbeit war sehr spannend. Als ich den Film das erste Mal gesehen habe, war ich allerdings auch wie erschlagen. Bei dieser ominösen Pressevorführung war es damals so, dass ich den Film noch nicht gesehen hatte.
Sie sind teils auch als Regisseur tätig. Wie steht es um Ihre Zusammenarbeit 2012 mit den Salzburger Festspielen? Inszenieren Sie „Die Zauberflöte“?
Wir (Der designierte Intendant Alexander Pereira, Anm.) haben zwar vor einem Jahr darüber gesprochen. Nun haben wir für 2012 eine andere Konzipierung getroffen. Ich darf dazu aber nichts sagen.
Wie werden sich die Salzburger Festspiele unter Alexander Pereira entwickeln?
Moretti: Das ist schwierig zu sagen, das ist alles Spekulation. Man weiß es nicht genau. Er ist jemand, bei dem sein Prinzip schon in Zürich funktioniert.
Was reizt sie am meisten: Inszenieren, Spielen, Bühne, Kino?
Moretti: Schauspieler, Schauspieler, Schauspieler. Vor der Kamera ist die eigentliche Arbeit.
Das Gespräch führte Tiziana Arico, APA
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