Themenüberblick

Wer ist Schuld an der Misere?

Das Thema Österreichische Bundesbahnen (ÖBB) bleibt ein Zankapfel der Regierungsparteien. In der Regel machen einander SPÖ und ÖVP für Versäumnisse und Fehler bei vergangenen Reformen verantwortlich. Am Freitag warf SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka „Verantwortungslosigkeit“ aufgrund seines „Bahn-Bashings“ vor.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Lopatka hatte zuvor konkrete Reformfortschritte unter dem seit Juni amtierenden ÖBB-Chef Christian Kern vermisst. Kräuter sprach daraufhin von „verantwortungslosen Tiraden“ Lopatkas. „Ich fordere Finanzminister Josef Pröll (ÖVP, Anm.) auf, endlich die Schädigung des staatseigenen Konzerns durch seinen eigenen Staatssekretär zu stoppen. Inzwischen hat auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP, Anm.) erkannt, dass die ÖVP-Strategie des ÖBB-Bashings der österreichischen Wirtschaft und dem Steuerzahler massiv schadet.“

Kräuter sieht Verantwortung bei Schwarz-Blau

Die „Ursachen der vielfältigen ÖBB-Probleme seien in der Zeit der schwarz-blauen Regierung entstanden“, so Kräuter, und wären u. a. von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), dem früheren ÖVP-Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka und Ex-Bahnchef Martin Huber zu verantworten. „Ob verantwortungslose Spekulationen mit Bahngeldern, die Frühpensionierung von mehr als 8.000 Mitarbeitern oder die Zerschlagung des Konzerns, alles muss nun mühsam von der neuen ÖBB-Führung und der SPÖ saniert werden.“

„Bahnruinierer“ in der ÖVP

Die wirklichen Hintergründe für die Kritik seitens der ÖVP ortet Kräuter darin, dass der „Bahnruinierer“ Kukacka nicht in den Aufsichtsrat der Bahn bestellt wurde. „Seither brennen bei der ÖVP sämtliche Sicherungen wirtschaftspolitischer Vernunft durch. Josef Pröll hat dringenden Handlungsbedarf, die sinnlose Beschädigung des größten heimischen Unternehmens muss eingestellt werden.“

Lopatka vermisst Fortschritte

„Wo sind 100 Tage nach Amtsantritt von Christian Kern erste konkrete Taten? Noch sind keine Reformen durchgeführt. Ankündigungen allein reichen nicht, die Umsetzung zählt, und hier erkenne ich noch wenig“, hatte zuvor Lopatka festgehalten. „Mir fehlen konkrete Reformvorschläge, insbesondere was das teure Sonderdienst- und Sonderpensionsrecht betrifft. Hier ist neben der zuständigen Bundesministerin natürlich auch das Management gefordert.“ Kern dürfe „nicht schon bei Amtsantritt vor dem übermächtigen ÖBB-Gewerkschafter (Wolfgang, Anm.) Haberzettl in die Knie gehen.“

Verweis auf Personalkosten

Der Ruf „Bund, zahle!“ habe, so der ÖVP-Staatssekretär, die Steuerzahler bisher schon mit Milliardenbeträgen belastet. „Jetzt müssen endlich längst überfällige Reformen kommen“, vor allem beim „millionenteuren Dienst- und Pensionsrecht“. Höhere Gehaltsabschlüsse könnte sich die Bahn aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Situation nicht leisten. Außerdem, so Lopatka, gehörten „Misswirtschaft und Privilegien“ bei den ÖBB abgestellt. Das durchschnittliche faktische Pensionsantrittsalter von 52 Jahren müsse dringend heraufgesetzt werden.

„Hackln statt Packln“

Rasche Reformen forderte unter dem Motto „Hackln statt Packln“ auch ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier ein. Eine Analyse der Gesamtsituation des ÖBB-Konzerns sei „gut und schön - die hätte es bereits viel früher gebraucht“, so Maier. „Nun braucht es keine Ankündigungen mehr, sondern einen Umsetzungsplan mit klaren Zeitvorgaben.“ Die ÖBB brauchten eine Perspektive, daher hoffe er, „dass von nun an bei der ÖBB-Führung der Grundsatz ‚Hackln statt Packln‘ gilt“, so Maier. Kräuter bezeichnete den Appell als „tragisch-komisch“. Maier sei "an ÖBB-Chef Huber erinnert, damals galt „spekulieren statt reformieren“.

BZÖ: „Endlich privatisieren“

BZÖ-Chef Josef Bucher sprach sich dafür aus, die Bahn zu privatisieren. „Die ÖBB entwickeln sich immer mehr zu einem Fass ohne Boden. Nachdem jährlich bis zu sieben Milliarden Euro Steuergeld in das Unternehmen gepumpt werden, wird jetzt auch noch ein dreistelliger Millionenverlust erwirtschaftet“, so Bucher. Jeder Österreicher zahle „derzeit jährlich 2.500 Euro an die ÖBB, ohne ein einziges Mal mit der Bahn gefahren zu sein“.

Nach Buchers Vorstellungen sollten „die Schienen im Eigentum der Republik bleiben, der Güter- und Personenverkehr jedoch von privaten Unternehmern betrieben werden“.

Links: