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Rechtfertigung für Chemieeinsatz?

Bei der Zersetzung des während der BP-Katastrophe im Golf von Mexiko ausgetretenen Öls entstehen Wissenschaftlern zufolge keine gefürchteten „Todeszonen“. Mikroben hätten das Öl zersetzt, ohne dass diese den Sauerstoff im Meer aufbrauchten, heißt es in einer Studie der US-Regierung.

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In einigen von der Ölpest betroffenen Gebieten sei der Sauerstoffgehalt zwar um 20 Prozent verringert. Dadurch entstünden aber noch keine „Todeszonen“, in denen Fische nicht überleben können, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

Unbekannte Mikroben am Werk

Diese Ergebnisse stützen auch eine Ende August erschienene Untersuchung, die im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde. Demnach könnte eine bisher unbekannte Mikrobenart die gewaltigen Ölschwaden, die in rund 1.100 Meter Meerestiefe gefunden wurden, bereits komplett abgebaut haben. Die auf den Ölkonsum spezialisierten Bakterien seien erstaunlich effektiv, berichten die Meeresforscher vom Lawrence Berkeley National Laboratory (LBL).

Nach dem Untergang der BP-Bohrinsel „Deepwater Horizon“ vor vier Monaten hatten Forscher im Juni eine rund 35 Kilometer lange Wolke aus kleinen Öltröpfchen entdeckt. Damals strömte noch massenhaft Öl aus einem Leck ins Wasser. Erst in der vergangenen Woche hatten US-Wissenschaftler des Woods-Hole-Instituts für Ozeanografie in Massachusetts berichtet, dass dieses Öl nicht so rasch wie erhofft auf natürliche Weise von Mikroben abgebaut wird.

Allerdings hatten sie zur Untermauerung der Ergebnisse den Sauerstoffgehalt in der untersuchten Meeresregion herangezogen. Der sei kaum gesunken, obwohl die Mikroorganismen dem Wasser gewöhnlich Sauerstoff entziehen, wenn sie Öl fressen.

Ölwolke bereits völlig zersetzt?

Die Forscher der neuesten Studie berichten dagegen, dass die neu entdeckte Mikrobenart beim Zersetzen des Öls kaum Sauerstoff verwende. Sie untersuchten nach eigenen Angaben mehr als 200 Wasserproben und stellten dabei fest, dass die Bakterien in ungewöhnlich großer Menge in den Schwaden auftraten. Bei dem Tempo, in dem sie das Öl zersetzten, könnte die Ölwolke schon verschwunden sein, schreiben die Wissenschaftler - allerdings sei das nicht sicher und müsse noch überprüft werden.

Rechtfertigung für Chemiekalieneinsatz

Beide Studien rechtfertigen damit im Nachhinein auch den umstrittenen Einsatz von Chemikalien, die das Öl weit unter der Wasseroberfläche aufbrechen sollten. BP hatte in 1.500 Meter Tiefe rund 2,9 Millionen Liter Chemikalien ins Wasser gelassen. So sollte das Öl in kleinste Tröpfchen aufgebrochen werden, so dass es leichter von Mikroben „aufgegessen“ werden kann.

Wenn der Sauerstoffgehalt im Wasser auf ein gefährliches Level gesunken wäre, hätten die Behörden den Einsatz der Chemiekeule gestoppt, sagte Greg Wilson von der Umweltbehörde EPA. Bedenken gegen die Mittel gab es unter anderem wegen ihrer Giftigkeit und der langfristigen Auswirkungen auf das Leben im Meer.

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