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Die Masse ist die Elite

Mal ruft er die Unsterblichkeit der Haute Couture aus, mal stänkert er gegen Handys als Geräte für Dienstboten. Doch nun entdeckt Karl Lagerfeld einen ganz besonderen Spagat: elitär sein in der Masse. Dafür will er Mode schneidern. Und da die Masse ja im Internet zu Hause ist, tut sich auch gleich der ideale Vertriebsweg auf.

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Nach Jahrzehnten in der Luxusklasse will Lagerfeld jetzt auch den Massenmarkt mit einer eigenen Marke erobern. Voraussichtlich schon kommendes Jahr werde Lagerfeld eine neue Pret-a-porter-Marke auf den Markt bringen, die sich an ein breites Publikum richte, teilte Lagerfelds Unternehmen in Paris mit.

Die Stücke mit vergleichsweise niedrigen Preisen würden dabei über das Internet verkauft und unter dem Namen „masstige“ laufen - eine Wortschöpfung aus „Masse“ und „Prestige“.

„Seit langem mein Traum“

„Das Elitärsein der Massen ist seit langen mein Traum“, erklärte Lagerfeld. „Ich denke, dass es fast meine Pflicht ist, dies mit meinem Namen zu machen, das ist der Weg der Modernität.“ Laut Lagerfelds Firma laufen noch Verhandlungen über den Vertrieb und die Herstellung der neuen Kollektion, die in der Herbst-Winter-Saison 2011/2012 starten könnte.

2004 hatte Lagerfeld bereits einmal einen zeitlich begrenzten Ausflug ins Massengeschäft unternommen und rund 30 Modelle für die schwedische Modekette H&M geschneidert. Die Aktion war mit langen Schlangen und Gedränge vor den Geschäften ein durchschlagender Erfolg.

Trotzdem Plädoyer für Haute Couture

Vor kurzen meinte Lagerfeld wiederum gegenüber dem „Zeit“-Magazin, er glaube fest an die Zukunft der Haute Couture: „Früher gab es gute Kunden, die kamen aus Amerika, die kauften vier, fünf Kleider. Heute sind das junge Frauen aus allen Teilen der Welt, von Afrika bis Südamerika, China, Korea, die kommen und kaufen 20 Kleider.“

Viele seiner Kundinnen kämen dafür allerdings nicht mehr selber nach Paris: „Die lassen kommen: Die probieren die Sachen gar nicht an, die lassen sie sich im Privatjet nach Hause fliegen.“ Nur noch wenige ließen sich Luxuskleider auf den Leib schneidern. „Nach Paris fahren, bei Chanel die Maße nehmen lassen, das machen nur noch ein paar Leute.“

„Schönere Arbeit als am Fließband“

Früher sei Haute Couture etwas gewesen für „dicke Damen, die nichts fanden, die mussten sich die Dinge anfertigen lassen“. Die neuen Kundinnen seien „Frauen, die die gleiche Figur haben wie die Mannequins“. Dem exzentrischen Modezar gefällt sein Beruf jedenfalls: „Es ist schön, Couture zu tragen, und sie zu machen ist eine schönere Arbeit als am Fließband. Solange ich Chanel mache, wird es die Haute Couture geben.“

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