Barbarisches Urteil
Ohne internationale Proteste und massiven diplomatischen Druck auf die Regierung in Teheran wäre das Todesurteil an der 43-jährigen Sakineh Mohammadi Aschtiani höchstwahrscheinlich längst vollstreckt worden. Bevor der Iran das Urteil vorerst aussetzte, sollte die Frau durch Steinigung hingerichtet werden.
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Die iranische Justiz bezichtigt die Frau, Mutter zweier Kinder, des „Ehebruchs“ und der Beteiligung an einem Mordkomplott gegen ihren Ehemann. Sie weist die Anschuldigungen zurück und spricht ihrerseits von durch Folter erzwungenen Aussagen. In einem Mitte August im britischen „Guardian“ veröffentlichten Interview (das über eine Kontaktperson geführt worden war), erhob die Frau schwere Vorwürfe gegen die iranische Justiz.
TV-Geständnis nach Misshandlungen
Ihr Rechtsanwalt, Houtan Kian, beschuldigte die Behörden der Folter. Ein im TV ausgestrahltes „Geständnis“ der Frau sei zustande gekommen, nachdem sie zwei Tage lang „schwer geschlagen und gefoltert“ worden war, sagte er dem „Guardian“.
Aschtiani selbst erklärte, sie sei wegen Ehebruchs und Verschwörung zur Ermordung ihres Mannes verurteilt worden, doch der wahre Mörder sei verurteilt und sitze im Gefängnis. Diesem Mann drohe im Gegensatz zu ihr nicht die Todesstrafe. „In diesem Land denken sie, sie könnten mit Frauen alles machen“, sagte die 43-Jährige.
„Um mich in aller Stille töten zu können“
Stellungnahmen der iranischen Justizbehörden wies die Frau als „Lügen“ zurück. Als hochrangiger Vertreter der iranischen Justiz hatte Mossedag Kahnemui zuvor erklärt, der Fall sei nach wie vor offen. Dazu sagte Aschtiani in dem Interview: „Sie lügen. Die internationale Aufmerksamkeit in meinem Fall ist ihnen peinlich. Sie versuchen die Medien abzulenken, um mich dann in aller Stille töten zu können.“ Das sei nur möglich, weil sie eine Frau sei.
Die zweifache Mutter erzählte der Zeitung, sie habe im dem Urteil erst gar nicht verstanden, dass ihr die Steinigung drohe, weil sie das Wort dafür nicht verstanden habe. Erst als sie in ihre Zelle zurückgekommen sei, hätten ihr Mitgefangene berichtet, dass sie gesteinigt werden sollte. Bei der Nachricht sei sie in Ohnmacht gefallen.
Teheran: Proteste „politisch motiviert“
Die Regierung in Teheran forderte angesichts wachsender internationaler Proteste den Westen auf, sich nicht in den Fall einzumischen. „Unabhängige Nationen können nicht akzeptieren, dass andere Länder in seine richterlichen Entscheidungen eingreifen“, erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, Mitte August.
Das Vorgehen der Gerichte sei strikt geregelt, besonders wenn es um Mord gehe, so Mehmanparast weiter. Der Fall werde „akribisch“ geprüft. Die Empörung über das Urteil sei vor dem Hintergrund des Atomstreits zwischen dem Westen und dem Iran „politisch“ motiviert. „Wenn wir wegen Mordes Verurteilte freiließen, gäbe es keine Sicherheit.“
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