Finanzsystem Afghanistans wackelt
Immer wieder tauchen Zweifel auf, ob die USA mit dem Präsidenten Afghanistans, Hamid Karzai, auf den richtigen Mann gesetzt haben. Immer wieder tauchen Korruptionsvorwürfe auf. Jetzt ist die größte Bank des Landes, die Kabul Bank, finanziell ins Trudeln geraten – und die steht mitten im Zentrum der politischen Elite. Seit Tagen schon stehen Kunden Schlange, um ihr Geld abzuheben.
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Laut US-Medienberichten stellten die afghanischen Behörden Anfang der Woche die Großbank unter ihre Kontrolle, um deren Zusammenbruch zu verhindern. Karzai habe demnach auf Druck der USA entschieden, die Bank unter die Aufsicht der afghanischen Zentralbank zu stellen. Washington habe für den Fall eines Zusammenbruchs der Bank einen Anstieg der Gewalt für möglich gehalten.
Karzai tief verstrickt
Karzai seien bei einem Treffen, an dem auch der Oberkommandierende der internationalen Truppen in Afghanistan, US-General David Petraeus, teilgenommen habe, Beweise für unlautere Geschäfte der Bank vorgelegt worden. Petraeus habe Karzai daraufhin zum Handeln aufgefordert, schrieb die „Washington Post“ unter Berufung auf Regierungsbeamte.
Allerdings dürften die Machenschaften Karzais nicht ganz unbekannt gewesen seien. Sein Bruder Mahmud ist wie der Bruder von Vizepräsident Mohammed Kasim Fahim, Hasin Fahim, Anteilseigner der Kabul Bank. 14 Millionen Dollar soll die Bank Karzai für seine Kampagne zur Wiederwahl zugesteckt haben. Schon seit Monaten ist bekannt, dass das Institut Millionenkredite an Karzais Verwandte und Parteifreunde für Luxusvillen in Dubai vergeben hatte – und das vor dem Platzen der Immobilienblase 2007.
Pokerspieler als Gründer
Als Eigentümer der Villen scheint allerdings Sherkhan Farnood auf. Er ist Gründer und Vorstandschef der Bank. Und auch bei seiner Person hätte man stutzig werden können: Er gilt mit einen Gesamtgewinn von 500.000 Dollar als Weltklasse-Pokerspieler. Mittlerweile wurde er aufgefordert, die Luxusimmobilien im Wert von 160 Millionen Dollar in Dubai zurückzugeben. Zum fünften Gründungstag der Bank im Februar hatte man in Paris eine Lotterie veranstaltetet, bei der Kunden insgesamt Preise im Wert von über einer Million Dollar gewinnen konnten.
Hauptaktionär warnt vor Kollaps
Die Kabul Bank ist für die Auszahlung der Gehälter von afghanischen Soldaten, Polizisten und Lehrern verantwortlich und hält Spareinlagen in Höhe von einer Milliarde Dollar von zahlreichen afghanischen Bürgern. Es habe die Befürchtung gegeben, dass eine mögliche Blockade der Gehälter für politisches und wirtschaftliches Chaos hätte führen können, sagten afghanische Banker und Regierungsvertreter der Zeitung.
Seit Tagen haben sich lange Schlangen vor den Filialen im ganzen Land gebildet, Kunden wollen ihr Geld abheben. Khalilullah Frozi, einer der Hauptaktionäre, sagte gegenüber der „New York Times“, die Kunden hätten mittlerweile weit über hundert Millionen Dollar abgehoben. Gehe das in den nächsten Tagen so weiter, stehe die Bank vor dem Kollaps. Ob Frozi jetzt noch für die Bank sprechen darf, ist unklar: Laut Zentralbankchef Abdul Quadir Fitrat hätten sowohl er als auch Farnood ihre Posten mittlerweile geräumt.
Entwarnung von Karzai
Karzai selbst meinte, die Menschen müssten sich keine Sorgen machen. Man habe genug Geld, um die Bank zu stützen. Selbst wenn das gesamte Finanzsystem Afghanistans zusammenbrechen würde, hätte die Regierung genug Mittel.
Nur: Frozi bewertete allein die Anlagen der Bank mit 1,1 Milliarden Dollar – und damit in der Höhe von einem Viertel der Währungsreserven des Landes, die Karzai früher mit 4,8 Milliarden angegeben hatte. Und ob die Regierung die Einlagen überhaupt sichern darf, ist rechtlich ungeklärt.
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