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„Freizeitkrankheit“ vermiest die Ferien

Die Symptome sind meist dieselben: Übelkeit, Migräne, Kopf- und Halsschmerzen, wenig später auch erhöhte Temperatur. Und sie treten dann auf, sobald man in den Ferien angekommen ist. Doch es ist selten eine echte Verkühlung, die den Patienten den Urlaubsstart vermiest, sondern vielmehr ein psychosomatisches Phänomen.

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In Studien mit 1.800 Personen litten rund drei Prozent an der „Freizeitkrankheit“ oder „Leisure Sickness“, stellte der führende Wissenschaftler aus diesem Gebiet, der Niederländer Ad Vingerhoets von der Universität Tilburg, fest.

Krank nur am Wochenende

Seine Forschungen startete er aus persönlicher Betroffenheit: Er sei eigentlich nie krank gewesen - und wenn, dann hätten die Probleme an Freitagen pünktlich um 17.00 Uhr nach Arbeitsschluss begonnen. Montagfrüh wäre dann wieder alles in Ordnung gewesen. Ganz ähnlich habe es sich in den Ferien verhalten, so Vingerhoets. Zwischen Weihnachten und Silvester war generell die Zeit, in der er am öftesten krank wurde.

In seinen Studien fand er heraus, dass die Personen mit denselben Erfahrungen ähnliche Charakterzüge aufweisen: Sie seien Perfektionisten bei der Arbeit, vertieft in ihre Leistungen und nehmen ihre berufliche Verantwortung sehr ernst - was es für sie schwierig macht, loszulassen und abzuschalten.

Gehirn ignoriert im Stress Signale

Vingerhoets macht drei Hauptursachen für die „Freizeitkrankheit“ fest: Zunächst kann es in manchen Fällen einfach durch die Umstellung der Gewohnheiten vom Alltag auf den Urlaub zur Krankheit kommen: Mehr oder weniger Schlaf, Kaffee und Alkohol können den Körper durcheinanderbringen.

Zweitens schaltet das Gehirn bei stressreichen Jobs einfach die Signale aus dem Körper ab. Sobald Entspannung da ist, werden sie plötzlich wieder wahrgenommen und die Krankheitssymptome treten auf.

Und schließlich kann bei Überarbeitung der Stress aufstauen, der Körper bleibt aktiv, und die Adrenalinproduktion geht auch in Ruhephasen weiter, eine Entspannung ist nicht möglich. Dann scheint es logisch zu sein, dass nach einer Daueranspannung die überschüssige Energie die Gesundheit angreift und die Abwehrkräfte schwächt.

Stress schwächt Immunsystem

Dass Stress einen negativen Effekt auf das Immunsystem hat, ist mittlerweile eine weit verbreitete Meinung unter Medizinern. Das berichtet etwa auch Anne MacGregor, Direktorin der Londoner Migräneklinik dem „Guardian“. Auch Migräneattacken kämen weit öfter in der Freizeit als während der Arbeit vor. Im Stress wehrt der Körper die Symptome ab, sobald man loslässt, geht es aber los, so die Medizinerin. Nicht zufällig passieren auch viele Herzinfarkte nicht in den Belastungsspitzen, sondern nachts oder im Urlaub.

Entspannung schwer gemacht

Der Rat von Experten scheint einfach zu sein: Zeit zur Entspannung nehmen. Nur gerade Menschen, die eben nicht leicht abschalten können, haben genau das Problem, dass die vermeintliche Lösung auch die Ursache für das Symptom ist. Eine Verhaltensänderung wird damit doppelt schwierig.

Mediziner meinen daher, die sinnvollste Lösung sei, das Entspannen selbst wieder längerfristig zu lernen. Autogenes Training und Yoga können dabei hilfreich sein. Vingerhoets fand heraus, dass Menschen, die das regelmäßige Auftreten der Krankheit überwunden haben, zumeist ihre Einstellung zur Arbeit geändert hatten und ihren Arbeitseifer bremsen konnten.

Urlaub stressfrei planen

Kurzfristig lassen sich auch kleine Verbesserungen bei der Urlaubsplanung vornehmen, sagte Neil Shah, Direktor der britischen Stress Management Society. Schon die Anreise selbst ist meist stressig, das kann entschärft werden, und auch nach der Ankunft sollten sich Urlauber ein wenig Ruhe gönnen. Eine Massage statt der ersten Besichtigungstour könne Wunder wirken. Und Arbeit mit in den Urlaub zu nehmen, sei natürlich Gift.

Ernährungsberaterin Sarah Brewer empfiehlt im „Guardian“, schon vor Urlaubsantritt das Stresslevel zu senken und sich gesund mit viel Obst, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren zu ernähren. Schließlich könne man auch überlegen, ob man sich überhaupt eine stressige Fernreise antun will oder nicht gleich die freien Tage zum Ausspannen zu Hause nutzen will.

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