Der schwierige Start in den Herbst
Der Urlaub ist vorbei, man ist zurück im Job, doch statt erholt und voller Tatendrang fühlt man sich angesichts der angehäuften Arbeit antriebslos und leer. „Post-Holiday-Syndrom“ nennen Psychologen die Eingewöhnungsschwierigkeiten im Job nach den Ferien. Angesichts des zu Ende gehenden Sommers haben nun Ratschläge für Urlaubsheimkehrer Hochsaison.
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Laut einer spanischen Studie haben 35 Prozent der Arbeitnehmer nach den Ferien mit Konzentrationsschwächen und Antriebslosigkeit zu kämpfen. Psychologen und Mediziner raten daher zu einem sanften Einstieg in den Arbeitsalltag. Nicht unmittelbar nach der Urlaubsheimkehr sollte man schon an den Arbeitsplatz zurückkehren, sondern eine Pufferphase einplanen. Selbst wenn Dinge aufzuarbeiten sind, sollte Stress vermieden werden, der Erholungseffekt sei sonst innerhalb kürzester Zeit weg. Und schließlich sollte man sich in der Freizeit mit Kulturbesuchen und sonstigen Aktivitäten das Urlaubsflair aufrechterhalten.
E-Mails aufarbeiten lohnt sich nicht
Manche Ratgeber empfehlen sogar, sich am Arbeitsplatz auch ein Urlaubsfoto aufzustellen, um bei zu viel Stress einfach in Erinnerungen schwelgen zu können. Die britische Zeitung „Guardian“ hat bei seinen Ratschlägen mit so viel Betulichkeit wenig am Hut. Die vielleicht nicht immer ganz ernst zu nehmenden „Tipps“ dort sind doch handfester, tendenziell misanthropisch gegenüber den Arbeitskollegen und klingen ab und an so, als ob sie der Comedy-Serie „The Office“ entstammten.
Es sei einfach sinnlos, die nicht gelesenen E-Mails der Urlaubswochen aufzuarbeiten, wobei bei dieser Frage der „Guardian“ mit einschlägigen Experten sogar einig ist. Die meisten rundgemailten Fragen seien entweder schon beantwortet oder vergessen, darauf zu antworten würde nur eine zweite Welle an sinnlosen Dankes- und Entschuldigungsmails auslösen. Wichtige Mails und auch dringende private Nachrichten hätten Vorrang, alles andere sei vernachlässigbar.
Urlaubsgespräche vermeiden?
Grundregel sei, endlose Gespräche über den Urlaub zu vermeiden. Wenn man nicht das „Glück“ habe, in einem Büro mit völlig desinteressierten Fremden zu sitzen, müsse man in der ersten Arbeitswoche von jeder Stunde 55 Minuten damit verbringen, den Urlaub es gutmeinenden, aber eigentlich nicht daran interessierten Arbeitskollegen zu schildern. Die Fragen seien immer dieselben: Wo ging der Urlaub hin, wo habe man gewohnt, wie war das Wetter, wer war mit dabei, wie hat es gefallen etc. pp. Einzige Lösung laut „Guardian“: Dem ersten Fragenden zu sagen, dass man ehrlich gesagt nicht darüber sprechen will. Das mache dann schon die Runde.
Ganz ähnliche Tipps gibt die Zeitung bei der Bewältigung von Gesprächen über die Urlaubslektüre. Mit Bemerkungen über das letzte Buch der Nobelpreisträgerin Herta Müller würde man die über Unterhaltungsliteratur parlierende Kollegenschaft recht rasch zum Schweigen bringen.
Wenn plötzlich alle still sind
Auch wenn es sich oft anbietet: Niemals die Sonnenbräune von Kollegen kommentieren, rät der „Guardian“. Das sei immer ein Fehler. Darüber gebe es einfach nichts zu sagen. Denn nach dem Dank der Angesprochenen für die Bemerkung müsse die folgende Stille zwangsläufig mit der Frage nach dem Urlaubsort beendet werden – und schon sei man im Schlamassel des Urlaubsgesprächs. Dabei dürfe man durchaus die eigene gesunde Farbe durch Kleidung betonen, allerdings gelte es „Urlaubsmitbringsel“ wie unvorteilhafte Bräunungsstreifen, unschöne Insektenstiche und verunglückte Henna-Tattoos zu verbergen.
Die Urlaubszeit sei auch die beste Zeit, über abwesende Kollegen herzuziehen. Überfreundliche Kollegen am ersten Tag seien ein sicheres Zeichen, dass über einen gelästert worden sei, genauso wie plötzliche Stille und kein einziger Augenkontakt beim Betreten des Büros.
Mit wem zum Mittagstisch?
Vorsicht sei laut „Guardian“ auch bei neuen Kollegen gegeben. Ist man zu freundlich und verbringt zu viel Zeit mit ihnen, entstehe rasch der Eindruck, man habe nichts Besseren zu tun. Sich bei allen Unbekannten persönlich vorzustellen, berge auch Gefahren. Manchmal würden Kollegen mit neuen Frisuren einfach nicht wiedererkennen zu sein.
Eine wahre Wissenschaft kann laut der Zeitung die Frage werden, mit welchen Kollegen man die Mittagspause verbringt. Gerade nach der Urlaubszeit stehe jeder unter besonderer Beobachtung. Chefs seien prinzipiell tabu, weil es so wirke, als ob man demnächst gefeuert werden würde und es mit Freundlichkeit oder Anbiederung zu verhindern versuche. Die Pause in altbekannter Gruppe rieche nach Cliquenbildung. Und niemand will mit besonders unbeliebten Kollegen beim Essen gesehen werden.
Von allen gehasst in die Winterdepression
Herbstbeginn ist auch Schulbeginn, warnen die „Guardian“-Autoren. Man müsse sich vor Eltern in der Kollegenschaft besonders in Acht nehmen. Gerade wenn die Sprösslinge in eine neue Schule kommen, nimmt das die Eltern besonders mit und man müsse damit rechnen, dass sie nicht nur täglich zu spät erscheinen, sondern auch endlos über die Erfahrungen der Kleinen erzählen wollen, so die Zeitung. Erblickt man also Kollegen, die Kinder haben, heiße es laufen. Wird man erwischt, rät die Zeitung, Trost zu spenden und gleichzeitig die Person in Richtung anderer Kollegen mit Kind zu lenken.
Dass die Tipps nicht gerade dazu führen, zum beliebtesten Mitarbeiter des Unternehmens zu werden, scheint den Autoren klar zu sein. Angesichts des nahenden Herbstes und Winters ist ihnen das aber egal. Da müsse man durch, wenn es kalt und die Tage kürzer werden, man schon bald die Arbeit erst bei Dunkelheit verlässt und kurz darauf es auch beim Aufstehen noch dunkel ist. Neue Freunde könne man sich dann im Frühjahr suchen.
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