Bornholm statt Cape Canaveral
Es ist ein Nervenkitzel der besonderen Art, dem sich ein paar Dänen auf der Ostseeinsel Bornholm verschrieben haben. Am Samstag soll ihre Diskontrakete endlich ins Weltall starten. Zumindest was die Startverschiebungen anbelangt, ist man fast schon auf den Spuren der NASA.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der erste Testflug der von dänischen Amateuren gebauten Billigrakete für einen bemannten Raumflug ist vorerst verschoben. Wie die Initiatoren am Donnerstag auf ihrer Website mitteilten, werde es am Samstag „mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ einen Abschuss in der Nähe von Nexö auf der Ostseeinsel Bornholm geben. Bisher war der Start für den Donnerstag geplant.
In der Kapsel an der Spitze der neun Meter langen Rakete soll eine 70 Kilo schwere Puppe in eine Höhe von bis zu 30 Kilometern gebracht werden.

APA/EPA/Jens Norgaarda
Vor Bornholm schwimmt das Cape Canaveral der Dänen.
Materialien aus dem Baumarkt
Verwendet wurden fast nur Materialien, die in gewöhnlichen Baumärkten zu kaufen sind. Die Rakete soll nach etwa 15 Minuten Flug an Fallschirmen wieder auf die Ostsee zurückgleiten und wiederverwendet werden. Im Fall erfolgreicher Tests wollen sich die Initiatoren selbst in der Kapsel in Richtung Weltall katapultieren lassen.

Copenhagen Suborbitals
Vorerst darf nur eine Puppe die Aussicht aus der Rakete „genießen“.
Entwickler lobt tolle Aussicht
„Die Aussicht bei uns ist viel besser als in den meisten anderen Raumfahrzeugen“, schwärmte einer der Konstrukteure, der Däne Peter Madsen im Vorfeld in der „Jyllands-Posten“.

APA/EPA/Jens Norgaarda
„Eine Schraube locker“
„Uns ist schon klar, dass die von der NASA denken, wir haben selbst ein paar Schrauben locker“, sagte Madsen. Sein Partner Kristian von Bengtson sieht die Sache nüchtern: „Das ist zweifellos die einfachste Raumrakete, die jemals gebaut wurde. Wir haben die simpelsten Materialien benutzt, die wir finden konnten. Es ist ein Experiment.“
Bengtson, immerhin studierter Raumfahrtexperte und schon als Designer für die US-Profis von der NASA im Einsatz, und Madsen sind zwar von ihrem Projekt als Pioniere bei der ganz privaten Raumfahrt überzeugt. Am Ende wollen sie auch selbst in der Kapsel in Richtung All sausen. Aber eben erst, wenn alles sauber getestet ist. „Es kann sein, dass die Rakete 44 Purzelbäume schlägt und in der Luft explodiert. Dann erleben wir eben einen tollen Crash“, sagte Madsen über die neun Meter hohe Rakete, die auf den Namen des Astronomen Tycho Brahe hört.
300.000 Kronen (40.000 Euro) steckten die beiden in die Konstruktion und den Bau ihrer „Heat-1X-Tycho Brahe“. Bengtson ordnet das für die Geschichtsschreibung der bemannten Raumfahrt so ein: „Unsere Rakete kostet so viel wie ein gutes Auto in Dänemark oder der Türgriff an einer NASA-Rakete.“
Während Raumfahrtingenieure in den USA, Russland und China an geheimen Orten über raffinierten Lösungen für alle möglichen Probleme auf dem Mond oder Mars brüten, sind Madsen und Bengtson einfach zu den nächsten Diskontmärkten geradelt.
Hitzeschild aus Kork
Der Hitzeschild ihrer 1,6 Tonnen schweren Rakete besteht aus acht Lagen Kork aus einem Teppichgeschäft. Gegen die Vereisung von Ventilen während des Fluges ist ein Haushaltsfön zum Einkaufspreis von 79 Kronen (gut zehn Euro) in der Rakete montiert. Die Schrauben, die alles zusammenhalten, stammen überwiegend aus Baumärkten.
Ein bisschen hat die NASA auch ein Auge auf das Experiment geworfen. Sie meint, dass die beiden Dänen noch bis 17. September ein Zeitfenster für einen Start ihrer Selbstbaurakete hätten.
Links: