Blutsauger als „Geniestreich“
Nicht nur in den USA, wo die Insekten bereits als Plage gelten, auch in Europa treten Bett- oder Hauswanzen in den letzten Jahren wieder gehäuft in Erscheinung. Grund dafür sind eher die extreme Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der Tiere und unterschiedlichste Umweltbedingungen als ein Mangel an Hygiene.
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In Deutschland sprach der Verband der Schädlingsbekämpfer (DSV) zuletzt von einer starken, sinuskurvenartigen Zunahme des Auftretens, die vor etwa fünf Jahren begonnen habe. Dabei sind die Blutsauger mehr lästig als gefährlich: „Bettwanzen übertragen keine Krankheiten", erklärte Erik Schmolz vom deutschen Umweltbundesamt. „Aber der Juckreiz ist barbarisch“, so der Chef des Gesundheitsamtes Frankfurt, Rene Gottschalk.
„Ein Anstieg der Bettwanzenpopulation ist weltweit zu verzeichnen“, erklärte der DSV-Bundesvorsitzende Rainer Gsell und nannte Dubai als Beispiel. Die nur wenige Millimeter kleinen Plagegeister mit der zoologischen Bezeichnung Cimex lectularius hatten vor den Olympischen Winterspielen auch im kanadischen Vancouver für Aufregung gesorgt. Aus Nordamerika, Australien, Dänemark und der Schweiz gebe es eindeutige Hinweise auf eine Zunahme, berichtet Schmolz.
Überleben ohne Nahrung und Wasser
„Bettwanzen sind ein Geniestreich der Natur“, sagte Gottschalk. „Die Insekten sind unglaublich lange in der Lage, ohne Feuchtigkeit und Nahrung auszukommen.“ Den Menschen nutzen die wenigen Millimeter großen Tiere kurze Zeit als Futterquelle, dann verschwinden sie wieder in Ritzen und Fugen. „Wanzenfamilien essen gemeinsam zu Abend, alle auf derselben Stelle“, berichtet der Mediziner. „Sie mögen es besonders, wenn der Mensch schwitzt. Die erste, die Licht sieht, huscht zurück in die Ritze und der Rest der Familie folgt.“
Extrem juckende und massiv allergische Hautreaktionen können die unangenehme Folge sein. Denn die birnenförmigen Sechsbeiner sondern beim Stechen einen Stoff ab, der neben Schlafstörungen auch starke allergische Reaktionen verursachen kann. Antihistamin-Salben helfen, so die Fachleute. Auch Erreger wie Borreliose, Hepatitis und sogar HIV seien bei Wanzen schon gefunden worden. Eine Übertragung auf den Menschen wurde aber bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen.
Urlaubsmitbringsel mit Folgen
Mit dem globalen Tourismusboom und dem weltweiten Gebrauchtwarenhandel erklären Fachleute die Ausbreitung der behaarten Winzlinge. Sie können unbemerkt in Koffern und Taschen mitreisen, vor allem aber auch in Kartons auf Lastwagen, Schiffen, Zügen und Flugzeugen. „Sie lieben Hölzer und Kartonagen“, so Gottschalk. Zur weltweiten Ausbreitung sollen auch Resistenzen gegen Schädlingsbekämpfungsmittel geführt haben.
„Es liegt definitiv nicht an mangelnder Hygiene“, so Schmolz. „Wenn sie erstmal irgendwo drin sind, breiten sie sich aus und sind auch in blank geputzten Kachelstudios und sehr gepflegten Wohnungen zu finden“, betonte Gottschalk.
Ein Fall für Profis
Noch vor zehn Jahren hätten Wanzen als weitgehend ausgerottet gegolten, so Schädlingsbekämpfer Gsell. „Die Leute erkennen sie auch nicht mehr so. Das Know-how hat nachgelassen“, ergänzte Schmolz. Ein untrügliches Zeichen für Wanzenbefall seien die Kotspuren: „kleine schwarze Punkte auf Tapete und Bettrahmen“.
„Sofort einen professionellen Schädlingsbekämpfer rufen“, rät Schmolz. „Sie müssen fast ihre Wohnung zerpflügen, um an die Wanzen heranzukommen“, so Gottschalk. Möbel müssten auseinandergebaut, Ritzen mit Silikon zugestopft und die Matratze möglicherweise ausgewechselt werden.
Mit Gift und Hitze gegen die Plage
Die preiswerteste und am wenigsten aufwendige Methode seien Insektizide. „Allerdings kann es schon mal sein, dass das nicht gleich von Anfang an funktioniert“, so DSV-Chef Gsell. Deutlich aufwendiger und teurer sei es, die Tierchen mit Hitze - über 55 Grad - oder Trockeneis zu bekämpfen. Und auch wenn der Kammerjäger mehrmals kommen muss: „Bei Insektiziden, sachgemäß angewendet, sind keine Gesundheitsschäden zu erwarten“, sagte Schmolz.
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