Rettungsarbeiten im Dreischichtbetrieb
Drei Wochen nach dem Minenunglück in Chile soll in Kürze eine Rettungsbohrung für die 33 überlebenden Bergarbeiter beginnen. Bereits am Montag könnte es so weit sein. Die Zeit dafür drängt: Laut chilenischen Medienberichten kämpfen einige der Kumpel, die in einem Schutzraum in knapp 700 Metern Tiefe festsitzen, bereits mit ernsthaften psychischen Problemen.
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Die Männer, berichtete am Wochenende die chilenische „Santiago Times“, wurden inzwischen in drei Gruppen eingeteilt, denen jeweils eine fixe Aufgabe während der Zeit bis zur Bergung zugewiesen wurde. Eine Gruppe kümmere sich um die Verteilung von Lebensmitteln und Hygieneartikeln, mit denen die Bergarbeiter durch einen nur wenige Zentimeter breiten Bohrschacht versorgt werden.

AP/Television Nacional de Chile
Videobild eines der Verschütteten
Eine zweite ist für die Überwachung des Gesundheitszustandes der Männer bzw. medizinische Hilfe und Hygiene zuständig. Die Leitung von Gruppe zwei habe ein erfahrener Bergmann übernommen, der über medizinische Grundkenntnisse verfüge und etwa auch Injektionen verabreichen kann. Die dritte Gruppe schließlich, so die chilenische Tageszeitung, sei für die Sicherung des Schutzraums vor Steinschlag während der Rettungsbohrung zuständig.
Bohren im Eilzugstempo
Die Bohrung soll, teilte der für die Rettungsarbeiten zuständige Chefingenieur Andres Sougarret am Freitagabend (Ortszeit) mit, noch im Lauf des Sonntags oder spätestens am Montag beginnen. Früheren Angaben Sougarrets zufolge könnte es bis zu vier Monate dauern, zu den eingeschlossenen Kumpeln vorzudringen. Bei der Bohrung des Schachts soll ein in Australien hergestelltes, rund 29 Tonnen schweres Bohrgerät mit dem Namen „Strata 950“ zum Einsatz kommen.

APA/EPA/Esteban Gonzalez
Vorbereitung der Bohrung
Rettung „schon“ im Oktober?
Pro Tag kann dieses Gerät maximal 20 Meter in die Tiefe vordringen. Zunächst wollen die Rettungskräfte einen Schacht mit einem Durchmesser von 33 Zentimetern bohren, der in einer zweiten Bohrung dann auf 66 Zentimeter erweitert werden soll. Durch diese Öffnung sollen die Bergarbeiter dann an die Oberfläche geholt werden. Selbst im Optimalfall wären mindestens 70 Tage für die zweifache Bohrung in 700 Meter Tiefe nötig. Laut „Santiago Times“ sollen bis zu 300 Einsatzkräfte an der Rettungsaktion beteiligt sein und im Dreischichtbetrieb arbeiten.
Es werde aber auch überlegt, ob die Rettungsmaßnahmen mit Hilfe eines stärkeren bzw. zusätzlichen Motors aus Deutschland beschleunigt werden könnten, teilten die chilenischen Behörden am Samstag mit. Außerdem werde geprüft, ob mit Hilfe einer weiteren Maschine eine andere Röhre erweitert werden könne. Im besten Falle könnten die Bergleute dann vielleicht schon im Oktober aus ihrem Verlies befreit werden.
Psychische Probleme und Arbeit als „Therapie“
Mittlerweile, hieß es, kämpften einige der Bergleute, die seit dem Einsturz der kleinen Gold- und Kupfermine San Jose am Rand von Copiapo in der Atacama-Wüste am 5. August verschüttet sind, mit ernsten psychischen Problemen. „Fünf Bergarbeiter ziehen sich zurück, essen nicht richtig“, sagte Gesundheitsminister Jaime Manalich. „Das ist es, was wir Depressionen nennen.“ Am Freitag hatten die Männer durch ein schmales Verbindungsrohr rund 45 Minuten Videobilder nach oben geschickt. Auf demselben Wege hatten sie die winzige Kamera erhalten.
Zustand „bedeutend verbessert“
Insgesamt habe sich der Gesundheitszustand der 33 Männer jedoch „bedeutend“ verbessert, so Manalich. Die Verschütteten seien mit ausreichend Flüssigkeit versorgt worden. „Sie leiden nicht an Durst, ihr Urin ist normal und sie haben keinen Durchfall mehr.“ Laut "Santiago Times“ sollen die Männer auch Antidepressiva erhalten. Wichtig sei es jedenfalls, hieß es weiter, dass die Kumpel einen möglichst geregelten Tagesablauf hätten – wie nun mit den drei Arbeitsgruppen.
Regierung will mehr Kontrolle
Als Konsequenz aus dem Minenunglück will die chilenische Regierung die staatliche Kontrolle der Bergwerke verstärken. Bergbauminister Laurence Golborne kündigte die Gründung einer Behörde an, die neue Minen genehmigen und die Sicherheitsnormen umsetzen soll. Außerdem soll die Behörde die Befugnis erhalten, bei Verstößen gegen Minenbetreiber vorzugehen. „Wir können nicht garantieren, dass es keine Unfälle mehr gibt“, sagte der Minister. „Aber wir können die Firmenchefs stärker für die Bedeutung der Arbeitssicherheit sensibilisieren.“
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