Strengere Kontrolle gefordert
Es ist vor allem für Rauchgegner ein beunruhigender Trend, auf den eine Studie der Universität Otago von Neuseeland hinweist. Auf dem Onlinevideoportal YouTube finden sich unter dem Suchbegriff bekannter Zigarettenmarken zahlreiche Videos - viele davon anscheinend professionell gemacht. Die Autoren werfen den Tabakfirmen vor, Soziale Netzwerke für Werbung zu missbrauchen.
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In Zuge der Studie, die im August auf der Website des Magazins „Tabacco Control“ veröffentlicht wurde, gaben die Wissenschaftler auf YouTube die Namen von fünf bekannten Zigarettenmarken - Marlboro, L&M, Benson and Hedges, Winston und Mild Seven - ein. Untersucht wurden die ersten 163 Clips, die besonders oft angesehen wurden.
Viele davon sind alte Werbungen aus den 50er und 60er Jahren, wie der berühmte Winston-Spot mit der Familie Feuerstein und die Marlboro-Werbung mit den Beatles. Doch auch andere berühmte Persönlichkeiten aus Film, Sport und Musik werden beim Rauchen gezeigt.
„Tabakunternehmen profitieren von Web 2.0“
Die Mehrzahl der untersuchten Clips (70 Prozent) zeigte Menschen, die die angegebenen Marken rauchten, und bei denen das Logo der Marke deutlich sichtbar war. Besonders beliebt waren Marlboro-Clips, die im Schnitt 104.000 Besuche hatten, einer davon sogar zwei Millionen. Zwei Drittel der untersuchten Clips konnten eindeutig als „raucherfreundlich“ klassifiziert werden, weniger als vier Prozent stellten Rauchen als negativ dar.
Die Studie unter dem Titel „Connecting world youth with tobacco brands: YouTube and the internet policy vacuum on Web 2.0“ wurde von George Thomas, Nick Wilson und Lucy Elkin herausgegeben und am 25. August erstmals im Journal „Tabacco Control“ veröffentlicht.
Die Studienautoren werfen den Tabakfirmen vor, Soziale Netzwerke bewusst für Marketingmaßnahmen zu missbrauchen, um einerseits Werbeverbote zu umgehen und andererseits dort vor allem junge Menschen anzusprechen. „Je normaler Rauchen ist und je mehr prominente Persönlichkeiten es tun, desto stärker nimmt das Rauchverhalten zu. Das kann man auch auf YouTube umlegen“, erklärte eine der Studienautoren, Lucy Elkin, gegenüber dem neuseeländischen Sender ONE News.
„Tabakunternehmen profitieren massiv vom Werbepotenzial im Web 2.0, ohne selbst Gefahr zu laufen, wegen Gesetzesverletzungen belangt zu werden“, schreibt Elkin in der Studie.
„Verwenden keine Sozialen Netzwerke“
Auf diese Vorwürfe von ONE News angesprochen, reagierten die großen Tabakkonzerne Philip Morris und British American Tabacco empört. Beide versicherten, kein Werbematerial auf der Plattform online gestellt zu haben. Philip Morris, zu denen auch Marlboro gehört, erklärte, man habe erst kürzlich bei YouTube angefragt, Hinweise auf ihre Marken zu löschen.
Catherine Armstrong, Sprecherin von British American Tabacco, erklärte, es sei nicht ihre Firmenphilosophie, auf Seiten wie Facebook und YouTube Werbung zu machen: „Unseren Mitarbeitern und Agenturen ist es untersagt, über Soziale Netzwerke unsere Zigarettenmarken zu bewerben.“ Ihr Unternehmen gehört zu einer Reihe von Firmen, die 2002 eine freiwillige Vereinbarung unterzeichnet haben, die Werbung auf Websites beschränkt.
Inhalte strenger regulieren
Doch so ganz will man den Beteuerungen der Firmen nicht glauben. „Es ist einfach eine zu gute Marketinggelegenheit, ich wäre sehr überrascht, wenn sie die nicht nützen würden“, erklärte Elkin gegenüber ONE News. Und auch Amanda Sandfort von der US-amerikanischen Anti-Raucher-Bewegung Action on Smoking and Health (ASH) ist skeptisch. „Sobald eine Werbemöglichkeit wegfällt, suchen Unternehmen automatisch nach einer neuen Möglichkeit, ihre Produkte zu bewerben und Werbebeschränkungen zu umgehen“, erklärte Sandfort gegenüber der britischen BBC.
Sowohl ASH als auch die Studienautoren fordern nun die Regierungen auf, auch solche Inhalte im Internet strenger zu regulieren. „Wir sehen keinen Unterschied darin, ob Zigaretten in Filmen im Internet oder außerhalb des Internets gezeigt werden“, erklärte George Thomas, einer der Studienautoren, gegenüber der BBC. Das neuseeländische Gesundheitsministerium hat bereits reagiert, verweist aber darauf, dass es sich hierbei um ein internationales Problem handelt, das nur gemeinsam gelöst werden kann.
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