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Nicht auf Linie mit USA

Israel hat scharfe Kritik am neuen iranischen Atomkraftwerk Buschehr geübt. Der Betrieb des neuen AKW sei „völlig inakzeptabel“, sagte ein israelischer Regierungssprecher Samstagabend.

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Israel sieht sich von der angeblich nach Atomwaffen strebenden iranischen Führung in seiner Existenz bedroht. Der jüdische Staat hat nicht ausgeschlossen, präventive Luftangriffe zur Zerstörung iranischer Atomanlagen fliegen zu wollen.

„Verletzt internationale Verträge“

„Es ist völlig inakzeptabel, dass ein Land, das (internationale Verträge) so unverhohlen verletzt, die Früchte der Nutzung von Atomenergie genießen darf“, betonte Regierungssprecher Jossi Levi in einer Stellungnahme. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, den Druck auf den Iran im Atomstreit zu erhöhen. Teheran weigert sich trotz jüngst verschärften internationalen Sanktionen, die Urananreicherung einzustellen.

Israels Reaktion ist deutlich schärfer als die des Westens. Selbst das US-Außenministerium hatte verhalten reagiert. Der Reaktor sei „keine Gefahr“ für die nukleare Nichtverbreitung. In Richtung Teheran ist die harte Wortwahl wohl als Drohgebärde gedacht. Es ist bekannt, dass Israels Armee fertige Einsatzpläne für Luftangriffe gegen iranische Nuklearanlagen in der Schublade liegen hat.

Angereichertes Uran kann auch zum Bau von Atomwaffen genutzt werden. Der Leichtwasserreaktor Buschehr ist Experten zufolge aber kein großer Risikofaktor, da er unter scharfer internationaler Kontrolle steht. Er wurde vom russischen Atomkonzern Rosatom errichtet.

Strom erst in sechs Monaten

Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) hatte kurz davor die erstmalige Ausrüstung des iranischen Atomkraftwerks mit Kernbrennstoff aus Russland bestätigt. Auch der Leiter des russischen Atomkonzerns Rosatom, Sergej Kirijenko, hatte zuletzt auf die Überprüfung durch die IAEA hingewiesen. Atomstrom soll frühestens in sechs Monaten aus der Anlage am Persischen Golf fließen. Das Projekt zeige, dass auch der Iran bei voller Beachtung des internationalen Rechts Atomenergie für friedliche Zwecke nutzen dürfe, so Kirijenko.

Das Atomkraftwerk verstößt nicht gegen die vom UNO-Sicherheitsrat gegen den Iran verhängten Sanktionen. Allerdings sei im Westen die Meinung verbreitet, dass die Eröffnung von Buschehr das falsche politische Signal sei, so Kirijenko. Der Westen wirft dem Iran vor, heimlich Atomwaffen bauen zu wollen.

Moskau rechtfertigt sich mit Bush

Russland verteidigte die geplante Inbetriebnahme als wichtiges Signal für das Land. Die Anlage halte den Iran davon ab, selbst zu einer Atommacht zu werden, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax am Mittwoch in Sotschi. „Wer das als falsches Signal sieht, dem rate ich, sich an die Klassiker zu halten, darunter der frühere US-Präsident George W. Bush, der Buschehr einst als Musterbeispiel für die Zusammenarbeit mit dem Iran bezeichnet hatte“, sagte Lawrow.

„Ziviles Projekt“ für Russland

Buschehr soll eine Leistung von 1.000 Megawatt haben. An der vor mehr als 30 Jahren geplanten Anlage waren nach russischen Angaben mehr als zehn Länder, darunter auch welche aus der EU, beteiligt. In den 1970er Jahren hatte die damalige Kraftwerk Union AG (Siemens) den Bau begonnen. Die schon für 2007 geplante Fertigstellung hatte sich immer wieder verzögert, unter anderem auch wegen Zahlungsproblemen auf iranischer Seite.

Atomstreit mit dem Westen

Der Iran wird verdächtigt, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms nach Atomwaffen zu streben. Die Regierung in Teheran weist das zurück. In dem seit Jahren schwelenden Streit hatte der UNO-Sicherheitsrat am 9. Juni die bestehenden Sanktionen gegen Teheran verschärft. Die USA und die EU beschlossen zusätzliche Sanktionen.

Israel betrachtet das iranische Atomprogramm mit großer Sorge, weil Teheran Israel nicht als Staat anerkennt, der iranische Staatschef Mahmud Ahmadinedschad den Holocaust infrage stellt und das baldige Verschwinden des „zionistischen Regimes“ von der Weltkarte prophezeit.

Russland hatte zwar die Sanktionen im Weltsicherheitsrat gegen den Iran mitgetragen, weil es wie der Westen verhindern will, dass das Land Atomwaffen baut. Doch sieht Moskau das Kraftwerk mit einer Leistung von 1.000 Megawatt als rein ziviles Projekt. Die Regierung in Teheran ist nach eigener Aussage nur an der Forschung und an der Energiegewinnung interessiert.

Iran warnt vor Angriff auf Buschehr

Der Iran warnte den Westen vor möglichen Angriffen auf seine Atomanlage in Buschehr. „Jegliche Aggression“ werde einen „ernsten Gegenschlag“ nach sich ziehen, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, am Dienstag in Teheran. Ein Angriff auf Buschehr würde ein „internationales Verbrechen“ darstellen, fügte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, laut der Nachrichtenagentur IRNA hinzu.

Salehi bekräftigte auch den Kurs seines Landes im Atomstreit. Der Iran habe keine andere Wahl, als sich in dieser Frage den Weltmächten zu widersetzen, sagte Salehi am Mittwoch. „Wenn wir weiter Widerstand leisten, wird die Opposition gegen unser Nuklearprogramm bröckeln.“ Schon aus rein wirtschaftlichen Gründen müsse der Iran seine Ziele weiter verfolgen. Es sei deutlich günstiger, Strom mit Atomkraft zu erzeugen als durch mit Gas oder Öl betriebene Kraftwerke.

Weitere Anlagen geplant

Der Iran will eine weitere Anlage zur Urananreicherung bauen. Mit dem Bau solle bis März kommenden Jahres begonnen werden, so Salehi am Montag im iranischen Staatsfernsehen. Demnach plant Teheran insgesamt zehn neue Atomanlagen. Wo sie stehen sollen, teilte Salehi nicht mit.

Bisher hat der Iran eine Anreicherungsanlage in Natans in Betrieb. Eine zweite Anlage wird derzeit innerhalb eines Berges in Fordo nahe der heiligen Stadt Ghom gebaut. Der Iran benötigt nach eigenen Angaben insgesamt 20 Anlagen zur Urananreicherung, um die Stromversorgung im Land für die nächsten 15 Jahre zu sichern.

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