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Zankapfel im Atomstreit

Der Beschluss zum Bau des ersten iranischen Atomkraftwerks in Buschehr im Süden des Landes fiel bereits vor mehr als drei Jahrzehnten: Schah Mohammad Reza Pahlavi erteilte noch den Auftrag. Heute ist der Reaktor längst Teil des Streits über das umstrittene Atomprogramm zwischen der Regierung des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und der internationalen Gemeinschaft.

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Pahlavi ordnete den Bau eines Atomkraftwerks mit zwei 1.200-Megawatt-Reaktoren in der Hafenstadt Buschehr an. Den Auftrag dazu erteilte der Schah in den 1970er Jahren dem deutschen Siemens-Konzern, der sich gemeinsam mit der AEG-Telefunken ans Werk machte. Doch mit der Islamischen Revolution 1979 und dem darauffolgenden Krieg zwischen dem Iran und dem Irak (1980 bis 1988) verfolgte Teheran das Projekt vorerst nicht weiter.

Erst nach dem Tod von Ajatollah Khomeini 1989 wandte sich die iranische Führung, die inzwischen die Unterstützung des Westens verloren hatte, wieder dem Großprojekt zu. Doch die Suche nach Partnern war Anfang der 1990er Jahre schwierig. Die Deutschen lehnten ab, schließlich erklärte sich 1994 Russland bereit, die Anlage fertigzustellen. Nach langen Verhandlungen unterzeichneten Teheran und Moskau im Jänner 1995 einen Vertrag über eine Milliarde Dollar für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten.

Verwendetes Material zurück nach Russland

Das Projekt sah jetzt nur noch einen Druckwasserreaktor mit einer Stärke von 1.000 Megawatt vor. Für dessen Betrieb ist angereichertes Uran nötig. Hoch angereichertes Uran wird zum Bau von Atomwaffen verwendet. Laut Vertrag soll Russland den Brennstoff für die Anlage liefern und der Iran das gebrauchte Material nach Russland zurückschicken. Nach Angaben des Chefs der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, sollen nun insgesamt 165 Brennstäbe im Reaktor installiert werden.

Verzögerungen wegen „veralteter Siemens-Technik“

Insgesamt waren mehr als 2.000 russische Ingenieure und Arbeiter in Buschehr im Einsatz. Die Bauarbeiten sollten höchstens fünf Jahre dauern, doch es kam immer wieder zu Verzögerungen. Ein Problem war die Anpassung der deutschen Technik an russische Standards. Russlands damaliger Präsident und jetziger Regierungschef Wladimir Putin machte für die Verzögerungen in erster Linie die „veraltete“ Siemens-Technik verantwortlich.

Aber auch finanzielle und politische Schwierigkeiten tauchten auf, insbesondere der Streit über das iranische Atomprogramm. Beobachter vermuteten, dass Moskau die Fertigstellung hinauszögerte, um den Iran zu mehr Transparenz in seinem Atomprogramm zu zwingen. Das Land steht international im Verdacht, unter dem Deckmantel eines zivilen Programms die Entwicklung von Atomwaffen voranzutreiben. Der Iran weist diesen Vorwurf zurück und beteuert, dass auch die Anlage in Buschehr allein der Stromerzeugung dient.

Siavosh Ghazi, AFP

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