Neuland für heimische Ermittler
Der Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, begrüßt die von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner angekündigte große Kronzeugenregelung. Er erhofft sich davon mehr Einblick in derzeit im Dunklen bleibende Korruptionsfälle und spricht gegenüber der APA von einem „wesentlichen Schritt, um den Teppich anzuheben“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Geyer baut insbesondere auf die „destabilisierende Wirkung“ der Kronzeugenregelung auf kriminelle Netzwerke. Die Kronzeugenregelung führe dazu, "dass die Beteiligten in Korruptionssachen nicht wissen, ob der andere sich nicht als Kronzeuge zur Verfügung stellen wird. In welchem Umfang die Kronzeugenregelung in Anspruch genommen wird, lasse sich aber noch nicht abschätzen.
Während das Modell etwa in den USA bereits eine lange Tradition habe, sei es für die österreichische Strafjustiz „Neuland“. Man müsse abwarten, wie sich das Modell in der Praxis bewähre. Klar sei jedenfalls, dass die Angaben der Kronzeugen von der Justiz genau geprüft werden müssten, räumt Geyer ein: „Man wird die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen doppelt hinterfragen müssen.“
Straffreiheit nur für den ersten Kronzeugen
Zufrieden mit der im Kartellrecht bereits seit 2006 verankerten Kronzeugenregelung ist die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). „Die Kronzeugenregelung ist ein bewährtes Instrument zur Aufklärung verbotener Absprachen“, sagt BWB-Sprecher Stefan Keznickl gegenüber der APA. Sehr wichtig sei dabei die Möglichkeit der völligen Straffreiheit für den Kronzeugen, der den Stein ins Rollen bringt.
Die Regelung baut Druck auf, als Erster zu den Behörden zu gehen: Weitere Kronzeugen können demnach „nur“ noch mit Strafnachlässen von 30 bis 50 (der zweite) bzw. 20 bis 30 Prozent (der dritte) rechnen. Zusätzlichen am Kartell beteiligten Firmen können bis zu 20 Prozent der Strafe erlassen werden, wenn sie ebenfalls noch neue Informationen auf den Tisch legen.
Strafe bei Heimlichkeiten
Wichtig ist laut Keznickl allerdings, dass die Firmen keine Informationen verschweigen - dann drohen nämlich auch den Kronzeugen Strafen. Geschehen ist das etwa im Fall des Druckchemikalien-Kartells. Hier stellte sich Donau-Chemie als Kronzeuge zur Verfügung, erhielt im Endeffekt aber trotzdem eine (wenn auch reduzierte) Geldstrafe, weil bestimmte Informationen zum Kartell zurückgehalten wurden.
Umgekehrt ist es laut Keznickl derzeit zumindest theoretisch möglich, dass Mitarbeiter von Firmen, die dank ihres Kronzeugenstatus im Kartellverfahren straffrei bleiben, später von der Strafjustiz belangt werden. Im Gegensatz zu normalen Kartellabsprachen, die strafrechtlich nicht relevant sind, seien Preisabsprachen im Zusammenhang mit öffentlichen Auftragsvergaben nämlich auch nach dem Strafgesetzbuch verboten.
Links: