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Wenig Interesse an Wüstenoase

Überbevölkerung, Angst vor Trockenheit und steigender Bedarf nach fruchtbarem Land: Ägypten steht vor enormen Herausforderungen. Rund 80 Millionen Menschen leben im Niltal, konzentriert auf fünf Prozent der Landesfläche. Und der Platzbedarf steigt: 1,2 Mio. Bewohner kommen pro Jahr dazu. Ägypten, als einer der größten Weizenimporteure, ist auf neue Nahrungsquellen und Flächen angewiesen.

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Die ägyptische Regierung suchte seit längerem nach Lösungen und startete bereits 1997 das Prestigeprojekt Toschka, 1.300 Kilometer südwestlich von Kairo. Strom, Wasser und Infrastruktur wie geteerte Straßen und die Kanäle werden von Ägypten bereitgestellt. Die Bebauung und Nutzung des Landes sollte über Gelder von Investoren, im Idealfall aus den Golfstaaten, erfolgen. Im Gegenzug bekommen diese zehn Jahre Steuerfreiheit und können das Land an Bauern weiterverpachten, die für den Exportmarkt produzieren sollen.

Satellitenaufnahme vom Nasser-See und der gefluteten Toshka-Senke

Google Earth

Für das Projekt in der Wüste wird Wasser aus dem Nasser-Stausee über einen Kanal in die Wüste geleitet. Den Ausschlag für dieses Projekt hat der Nil selbst gegeben, der seit Mitte der 90er Jahre mehr Wasser führte als gewöhnlich. Um den Nasser-See zu entlasten, wurde Wasser in die Toschka-Senke geleitet. Dort verdunstete das Wasser, das mit dem Toschka-Projekt genutzt werden sollte.

Die Regierung hatte etwa auf den saudi-arabischen Milliardär Prinz Al-Walid ibn Talal gesetzt. Mehr als eine kleine Farm für den Anbau von Melonen, Trauben und Tomaten steht aber nicht auf seinem Grundstück. Das Interesse ist enden wollend. Um gegenzusteuern, ließ Medienberichten zufolge Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak offenbar das Militär einspringen, das dann 80.000 Hektar Land kaufte, ohne zunächst einen großen Nutzen davon zu haben. Sonst ist es um das einstige Prestigeprojekt Mubaraks aber ruhig geworden.

Wenig neue Siedler

Bereits 2003 war die Mubarak-Pumpstation fertig. Sie pumpt das Wasser aus dem Nasser-Stausee in den höher gelegenen, von der Regierung in Abu Dhabi mitfinanzierten Scheich-Said-Kanal. Bis zu 29 Millionen Kubikmeter Wasser werden täglich durchgeleitet.

Seither ist wenig passiert. Fünf Prozent der geplanten Fläche, rund 8.400 Hektar, werden derzeit von einer saudi-arabischen und einer russischen Firma bearbeitet. Bis 2017 sollen auf 175.000 Hektar Wüste Agrarflächen und 20 neue Städte und Dörfer für eine Million Menschen entstehen. Seit 1997 investierte Kairo nach offiziellen Angaben in dieses Projekt fünf Milliarden Euro. Die tatsächlichen Kosten dürften aber um einiges höher sein. Beobachter befürchten, dass das Projekt als „größte Investitionsruine“ enden könnte, berichtete das „Handelsblatt“.

Arbeitsplätze wurden bisher kaum geschaffen. Auch die Bevölkerung zieht nur zögerlich in das „Neue Niltal“. Die Bedingungen sind wenig vielversprechend - bei Temperaturen von bis zu 50 Grad unter ausländischen Agrarkonzernen zu arbeiten, stößt auf wenig Begeisterung. Bisher werken rund 5.000 Wanderarbeiter auf den Feldern. In weniger als 15 Jahren soll die erste neue Stadt Toschka-City für 100.000 Einwohner entstehen. Bis auf eine kleine Moschee und einen Helikopterlandeplatz für potenzielle Investoren mitten in der Wüste steht hier aber noch wenig.

Die Mubarak-Pumpstation

APA/EPA/Mike Nelson

Die Mubarak-Pumpstation bringt das Wasser vom Nasser-Stausee in den Kanal.

Nil-Wasser wird knapp

Neben Toschka sind vier weitere Projekte in Planung - im Nordsinai, am Roten Meer bei Sues, Erweiterungen im Nildelta und im Niltal. Dadurch soll die derzeit nutzbare Agrarfläche von 34.000 Quadratkilometern um rund 7.000 Quadratkilometer erweitert werden.
Toschka gilt als größtes Projekt. Umstritten war dieses Vorhaben mitten in der ägyptischen Wüste von Anfang an - „nicht ökologisch“, „größenwahnsinnig“ und „kaum finanzierbar“, warfen die Kritiker der Regierung vor. Nicht nur, weil eine Versalzung und Unfruchtbarkeit der Böden befürchtet wurde. Auch die Verfügbarkeit von Wasser ist begrenzt.

55,5 Milliarden Kubikmeter an Wasser pro Jahr werden Ägypten vertraglich aus dem Nil garantiert. Zehn bis zwölf Prozent davon würde allein das Toschka-Projekt verbrauchen. Das birgt Konfliktpotenzial mit anderen Anrainerstaaten am Nil. Auch nicht berücksichtigt sind die neuen Forderungen der Staaten am Oberlauf des Nils, die eine neue Verteilung der Quoten fordern, um mehr landwirtschaftliche Flächen künstlich bewässern zu können.

Das Wasser könnte knapp werden. Schon jetzt ist das Nildelta zunehmend von Versalzung bedroht. Auch eine im „Handelsblatt“ zitierte Studie der ägyptischen Regierung zeigt: Der Wasserbedarf im alten Niltal könne ab 2017 nicht mehr gedeckt werden. Zu diesem Zeitpunkt soll Toschka bereits fertig sein.

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