Scharfe Aussagen westlicher Politiker
Ausweisungen, „Kriegserklärungen“, Vertreibungen, Ausgrenzung und sogar Mord - die Volksgruppe der Roma hat in der EU nicht viel zu lachen. Galt lange Zeit der Osten der EU als Brennpunkt sozialer Konflikte, gewinnen nun die Aussagen westlicher Politiker immer mehr an Schärfe.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International in Österreich, begegnet dieser Entwicklung im APA-Interview mit „größter menschenrechtlicher Sorge“. Denn nicht nur Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy erklärte der größten europäischen Minderheit den „Krieg“. Auch aus Schweden, Finnland und Dänemark wurden in den vergangenen Wochen Roma abgeschoben. Auch in Serbien steht der Abriss einer Roma-Siedlung am Stadtrand von Belgrad bevor.
Vier bis sechs Mio. Roma
2004 und 2007 wurden mit der Osterweiterung der EU Millionen Roma EU-Bürger. Die Zahl der Roma in den 27 EU-Mitgliedern wird auf vier bis sechs Millionen geschätzt. Die offiziellen und inoffiziellen Bevölkerungsstatistiken differieren allerdings enorm, da zahlreiche Roma aus Angst vor einer Stigmatisierung als „Zigeuner“ zwar die Nationalität des Heimatlandes, nicht aber ihre Volksgruppe angeben.
„Ich will hier keinerlei Vergleiche heranziehen, aber ich sage nur: Wehret den Anfängen. Ich sehe es mit Schaudern, dass etablierte Regierungen ohne Wohlstandsproblem beginnen, auf die widerlichste Art Kleingeld zu machen“, warnte Patzelt.
Die Vorurteile gegen Roma haben in den europäischen Gesellschaften eine alte Tradition. In Osteuropa leben viele Roma bis heute in eigenen, oft sehr ärmlichen Siedlungen am Rande von Dörfern. Während des Nationalsozialismus erreichte die Verfolgung ihren Höhepunkt - rund eine halbe Million Sinti und Roma wurden in dieser Zeit ermordet. „Man verweigert ihnen Bildung und kritisiert sie dann, dass sie nicht lesen und schreiben können, das ist absurd“, so Patzelt. Die EU vergebe bei der Integration von Roma eine Riesenchance.
EU reagiert zurückhaltend
Auf die vor kurzem bekanntgewordenen Abschiebungen von EU-Roma aus Schweden wegen Bettelei reagierte die EU-Kommission mit Zurückhaltung. Entsprechend der Personenfreizügigkeit in der EU könne sich jeder Bürger der Union in einem Mitgliedsland aufhalten, sagte der Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström und verwies dabei auf Bedingungen, „dass er sich selbst erhalten kann, dass er über genügend Mittel verfügt und keine Bedrohung für ein Land darstellt“.
Damit liege es an einem EU-Staat zu entscheiden, ob ein neuer Bürger genügend Mittel habe, um in dem Land bleiben zu können. Der schwedische Migrationsminister Tobias Billström verteidigte die Ausweisung von Roma damit, dass Betteln „keine ehrliche Weise“ sei, an Geld zu kommen. Im Gegenzug drängte die schwedische Regierung die EU-Kommission zu Maßnahmen gegen die Diskriminierung von Roma. Vorgeschlagen wurde etwa ein „verbindlicher Aktionsplan“, der Roma uneingeschränkten Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt und zu Bildung garantieren solle.
Links: