Massiver Widerstand in der Bevölkerung
Es scheint eine Art Muster zu sein, dem die Reaktionen auf die Arbeit Christos folgen: erst Unverständnis, dann Ablehnung und letztlich doch Begeisterung. Im Moment hat der Künstler bei der Umsetzung des Projektes „Over the River“ wieder einmal mit Ablehnung zu kämpfen. Umweltschützer und Einheimische wehren sich gegen die Überspannung des Arkansas River in Colorado.
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1992 begannen Christo und seine Frau Jeanne-Claude mit ersten Entwürfen für ein aufsehenerregendes Projekt. Sie planten damals, rund zehn Kilometer des Arkansas River mit Stoffbahnen zu überspannen. Nach vielen Jahren der Arbeit, Rückschlägen und Investitionen in der Höhe von mehreren Millionen Dollar will der Künstler die Aktion nun, nach dem Tod seiner Frau Jeanne-Claude im November, endlich verwirklichen und stößt dabei immer wieder auf Widerstand.

AP/Christo and Jeanne-Claude
Skizze des Projekts „Over the River“
Kritiker führen an, dass das Projekt nicht nur dem Verkehr, sondern auch dem Tourismus, der Fischerei und der lokalen Tierwelt massiven Schaden zufügen würde. Im Juli wurde eine Studie der Behörde für Raumplanung veröffentlicht, die die Auswirkungen der Installation und der erwarteten 350.000 Besucher auf die Umwelt einschätzen sollte. Diese wären nach Schätzungen „mäßig bis erheblich“ für die Dickhornschafe und die historischen Stätten entlang der Route.
Alternativ Vorschläge ohne künstlerische Vision
Gänzlich abgelehnt wurde das Projekt bisher nicht, allerdings gab es vonseiten der Behörden sieben Vorschläge, wie das Werk in einem kleineren Umfang installiert werden könnte. Die Alternativvorschläge wurden allerdings ohne Rücksprache und Zusammenarbeit mit Christo erstellt und seien daher nicht im Sinne des Künstlers, so dessen Sprecher Steve Coffin. „Eine kürzere Version von ‚Over the River‘ ist nicht mehr ‚Over the River‘. Die künstlerische Version geht dabei verloren, und darum geht es schließlich.“

AP/Ed Andrieski
Christo will keine Kompromisse eingehen.
Für Christo ist das Projekt „wie eine Symphonie - sie besteht aus Andante, Allegro und dem ganzen Rest“. Er würde lieber das Vorhaben absagen, als sich auf Kompromisse einzulassen. Allerdings hat der Künstler, der Widerstand gegen seine Projekte gewohnt ist, einen langen Atem. Sollte „Over the River" nicht genehmigt werden, würde er weiter darum kämpfen“.
Bevölkerung reagiert mit Ablehnung
Von künstlerischen Visionen hält ein großer Teil der Bevölkerung in Colorado nicht besonders viel. Jerry Hornbuckle, Einwohner der Stadt Leadville am Arkansas River, machte vor der Behörde für Raumnutzung in Colorado gegen „Over the River“ mobil. Er befürchtet, dass der Highway durch die Arbeiten über zwei Jahre lang von Sperren und Staus betroffen wäre - und damit eine Schädigung der kleinen Betriebe zwischen den Städten Salida und Canon City. „Ich möchte nicht, dass die Wirtschaftstreibenden der Gegend darunter leiden müssen, dass irgendein idiotischer bulgarischer Künstler sein Superego auslebt“, schimpfte der Pensionist gegenüber der Agentur AP.
Christos Team setzt sich mit den Vorwürfen genau auseinander und spricht von vielen Missverständnissen und falschen Vorstellungen in der Bevölkerung. Es sei nicht geplant, den Highway in irgendeiner Phase der Realisierung komplett zu sperren und die Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft würden eher positiv sein, angesichts des zu erwartenden Publikums.
Bei den öffentlichen Besprechungen, die vor dem Erlass des Bescheides angesetzt wurden, offenbaren Gegner ihre Hassgefühle auf das Kunstprojekt. „Over the River“ sei wie Pornografie in einer Kirche, oder wie Hakenkreuze in einer Synagoge, so die erbosten Kommentare aus der Bevölkerung. „Wer will ein Gemälde beurteilen, bevor es gemalt wurde“, gibt sich Christo gegenüber solchen wüsten Beschimpfungen zurückhaltend. „Es ist schön, wenn Kunst so viele Menschen zum Diskutieren anregt.“
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