Historikerin: Banalisierung des Holocausts
Auf einem Kletterfelsen bei Stockholm in Schweden befinden sich offenbar seit Jahren unbeanstandet Routen mit Bezeichnungen wie „Himmler“, „Kristallnacht“, „Zyklon B“ und „Drittes Reich“. Laut einem Bericht der Tageszeitung „Dagens Nyheter“ (Donnerstag-Ausgabe) sind die Routen auch in einem offiziellen Kletterführer für die Region Stockholm vermerkt. Nun sorgen die Bezeichnungen für Aufregung.
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An die breite Öffentlichkeit gebracht wurde die Angelegenheit von der Historikerin und Hobbykletterin Cordelia Hess, die gegenüber „Dagens Nyheter“ erklärte, es sei ihr unwohl gewesen, Kletterer Sätze wie „Ich mach jetzt die Kristallnacht“ sagen zu hören. Das sei eine „Banalisierung“ der Judenvernichtung und untergrabe den Respekt für die Opfer des Holocausts, so Hess.
„Mit einer Prise Humor“
Vertreter des schwedischen Kletterverbandes und der Herausgeber des Kletterführers für die Region Stockholm, Mikael Widerberg, fanden indes wenig Anstößiges an den einschlägig bezeichneten Routen auf dem 20 Kilometer nordwestlich von Stockholm gelegenen Gaseborg-Felsen. Widerberg zufolge sind die Bezeichnungen „mit einer Prise Humor“ zu verstehen.
Es handle sich um „interne Scherze“ unter Kletterkameraden. Widerberg gab an, selbst eine Kletterroute im Jahr 2001 „Ein kleiner Hitler“ getauft zu haben. Er habe damit ausdrücken wollen, dass die Route besonders schwierig und unangenehm zu bewältigen gewesen sei.
Das „Forum für lebende Geschichte“ forderte indes im Einklang mit Historikerin Hess eine Umbenennung der Routen.
Nazi-Namen auch in Österreich
Auch in Österreich waren einige Schutzhütten, Wege und Kletterrouten nach Nazi-Funktionären und Antisemiten benannt. Hier bemühte man sich um Aufklärung und Aufarbeitung der Nazi-Zeit. Der österreichische Alpenverein hat sich 2002 seiner Nazi-Vergangenheit gestellt und diese wissenschaftlich aufgearbeitet. Historiker schreiben dem Alpenverein eine frühe nationalsozialistische Ausrichtung zu. So heißt es etwa in einer Studie: In über tausend Metern Seehöhe habe in Österreich das „Dritte Reich“ angefangen.
2002 wurde auch die Eduard-Pichl-Hütte in den Karnischen Alpen in Kärnten wieder in ihren ursprünglichen Namen Wolayersee-Hütte umbenannt. Pichl wurde 1921 zum ersten Vorsitzenden der Sektion gewählt. Er war einer der erfolgreichsten Alpinisten seiner Zeit, politisch und weltanschaulich allerdings ein deutschnationaler Antisemit, fanatischer Anhänger von Georg Ritter von Schönerer und aktiver Nationalsozialist.
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