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60er-Jahre- ersetzt Nullerjahre-Feuchttraum

Die britische Gleichstellungsministerin Lynne Featherstone will etwas gegen das essstörungsfördernde Frauenbild tun, das in der Werbung vermittelt wird. Sie plant deshalb eine Kampagne mit einer kurvigen Schauspielerin. Doch an der Wahl des Models scheiden sich die Geister.

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Vor einigen Tagen erklärte Featherstone, wie der britische „Telegraph“ berichtet, dass sie gerne die 35-jährige Schauspielerin Christina Hendricks für eine Plakat- und Anzeigenserie gewinnen möchte. Mit der britischen Kleidergröße 14 schaue diese „absolut großartig“ aus: „Wir brauchen mehr von solchen Vorbildern.“ Noch immer verursache es Wirbel, wenn ein normal gebautes Model auftrete: „Das sollte nicht so außergewöhnlich sein.“ Die überrepräsentierten spindeldürren Models, deren Körper dann noch mittels Software optimiert werden, würden das Körperbewusstsein junger Frauen negativ beeinflussen.

Sion Porter von der British Dietetic Association zeigte sich gegenüber der „Daily Mail“ überzeugt: „Lynne Feahterstone hat mit Hendricks eine gute Wahl getroffen, um zu zeigen, dass eine Frau mit einer gesunden Körperform und einem gesunden Gewicht außergewöhnlich gut aussehen kann.“ Es gebe keinen Grund zu behaupten, Kleidergröße 14 sei nicht gesund und attraktiv. Die Industrie solle sich gefälligst an neue Standards gewöhnen.

Denkbar schlechte Wahl

Aber nicht alle zeigen sich über die geplante Kampagne von Featherstone erfreut. Laurie Penny vom „New Statesman“ schrieb sich regelrecht in Rage, als sie davon erfuhr. Als Rolemodel funktioniere Hendricks überhaupt nicht. Bekannt ist sie für ihre Rolle in der Fernsehserie „Mad Man“, in der es um ein Marketingbüro in den 60er Jahren geht. Hendricks spiele eine Chefsekretärin, der es hauptsächlich darum gehe, Männer sexuell zu umgarnen und ihre untergebenen Mädchen darin einzuweisen, sich sexuelle Anzüglichkeiten gefallen zu lassen. Sie heirate sogar ihren Vergewaltiger - nur aus Angst, sonst „übrigzubleiben“. Hier, so Penny, werde der Nullerjahre-Feuchttraum der Männer lediglich durch den 60er-Jahre-Feuchttraum ersetzt.

„Männer können mit ihr spielen“

Auch im „Telegraph“ werden Zweifel an Hendricks als Vorbild angemeldet - und mit Zitaten der Schauspielerin begründet. So sagte sie etwa über ihre Rolle der „Joan“: „Männer lieben sie, weil sie mit ihrer Sexualität und ihrer Weiblichkeit auf Tuchfühlung ist. Die Männer im Büro können ein bisschen mit ihr spielen. Sie können sie anmachen - und sie läuft nicht gleich heulend davon und versteckt sich auf dem Klo.“

Gegenüber dem „Esquire“, dessen Leser sie zur „Sexiest Woman Alive“ wählten, gab sie Männern Tipps, wie man Frauen am leichtesten ins Bett bekommt: „Intelligenz und Humor (und Dein Geruch) können dafür sorgen, dass Du im Bett versorgt wirst.“ Außerdem sollten sich Männer so verhalten, wie es von Feministen ihrer Meinung nach verpönt werde: „Steh auf, öffne ihr die Tür, hilf ihr in die Jacke. Da kommen wir uns wichtig vor.“

„Gute Idee, falsches Model“

Als Barbie gibt es „Joan“ übrigens auch schon - allerdings in der „Magermodel“-Version - was Experten für Essstörungen auf die Palme bringt. Gegenüber der „Daily Mail“ nahm Mattel zu den Vorwürfen Stellung. Es hieß, die Puppe solle nicht Frau Hendricks möglichst naturgetreu wiedergeben, sondern: „Die ‚Mad Man‘-Puppen wurden gestylt, um die Ästhetik des Serie einzufangen und wiederzugeben.“ Penny vom „New Statesman“ kann dazu nur den Kopf schütteln und schreibt Richtung Gleichstellungsministerin: „Mit ihrer Idee, Werber dazu zu bringen, keine Airbrush-Models mehr einzusetzen und damit unrealistische Vorbilder zu schaffen, liegt Featherstone richtig, aber sie hat das falsche Rollenmodel dafür gewählt.“

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