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Jagd auf Phantomtäter

In der heimischen Polizei gärt es: Das Innenministerium will eine „Police-Elimination-Datenbank“ („PED“) schaffen - die Gewerkschaft protestiert lautstark dagegen. In der Datenbank sollen die Fingerabdrücke und die DNA aller Polizisten erfasst werden, die sich an Tatorten aufhalten.

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Mit der Datenbank soll verhindert werden, dass „unbekannte Täter“ aufgrund von DNA-Spuren gesucht werden, die in Wahrheit von ermittelnden Polizisten stammen. Wie virulent das Problem ist, zeigte ein Pilotversuch in Wien und Niederösterreich. Dabei stellte sich heraus, dass von 200 Polizisten mehr als ein Viertel als „unbekannte Täter“ in der Datenbank aufschienen.

Angst um eigene Daten

Doch ausgerechnet die Mitarbeiter des Innenministeriums, in dem zahllose heikle Daten von Bürgern gehortet werden, wehren sich vehement dagegen, selbst in einer Datenbank erfasst zu werden. Offenbar gibt es Bedenken gegen die eigene Behörde wegen möglichen Missbrauchs. Die Polizeigewerkschaft kämpft jedenfalls seit Monaten gegen den verpflichtenden Speicheltest für Polizeibeamte und argumentiert dabei vor allem mit dem Persönlichkeits- und Datenschutz - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

„Zu teuer“

Der Sprecher der niederösterreichischen Polizeigewerkschaft, Reinhard Zimmermann, findet die DNA-Massentests - betroffen wären 20.000 Polizisten - unnötig. Außerdem seien sie zu teuer. Das Innenministerium rechnet mit Kosten von 600.000 Euro. Wenn ein Ermittler versehentlich seine DNA-Spuren an einem Tatort hinterlasse, könne man im Einzelfall immer noch einen Polizisten zum DNA-Test bitten, so Zimmermann.

Bereits in Schweiz und England

Police-Elimination-Datenbanken gibt es schon in mehreren anderen Ländern, darunter die Schweiz, England, Wales und Australien. Aus Sicht des Bundeskriminalamts liegen die Vorteile auf der Hand: Von Beamten gesetzte Spuren könnten damit ausgeschieden und die Effizienz der Spurensicherung erhöht werden, sagte Gerhard Ranftl, verantwortlich für die DNA-Datenbank im Bundeskriminalamt, bereits bei einer DNA-Daten-Tagung in Wien im Herbst des Vorjahres.

Seit Monaten laufen Verhandlungen zwischen Innenministerium und Gewerkschaft. Die ÖVP-nahe FCG-Fraktion beschloss Anfang Juli einen Antrag, wonach die für die PED budgetierten Mittel zur Auswertung der Tatortspuren umgeleitet werden sollten. Hier gibt es für jedes Bundesland ein Kontingent an möglichen Auswertungen - das allerdings jederzeit bei Bedarf aufgestockt werden kann.

Erste Annäherung?

Offenbar gibt es mittlerweile eine erste Annäherung: Der Zentralausschuss der SPÖ-nahen FSG-Fraktion berichtet in seinem Juli-Infoblatt, das Ministerium habe seinen ursprünglichen Erlass nun abgeändert. Demnach wurden die Polizisten nun in vier Zielgruppen unterteilt - in anderen Worten: vermutlich werden weniger Polizisten als ursprünglich geplant Speicheltest und Co machen müssen. Außerdem sollen nur sieben Personen Zugriff auf die Datenbank haben. Das Innenministerium will jedenfalls noch heuer eine Regelung ausverhandeln.

Aufregung über „Phantom-Mörderin“

Ein - anders gelagerter - Fall hatte im Vorjahr wochenlang für mediale Aufregung gesorgt und Zweifel am DNA-Beweis geweckt. Die österreichische und deutsche Polizei hatte bei ihren Ermittlungen über einen Mord in Linz über eine via DNA-Spur am Tatort „aufgetauchte“ „Phantom-Mörderin“ gerätselt. Die DNA-Spur der Täterin wurde hierzulande auch in 16 Fällen von Einbruch „gefunden“. Selbst in Deutschland tauchte die DNA-Spur in 21 Fällen auf. Nach jahrelangen Ermittlungen stellte sich heraus, dass eine Mitarbeiterin jener Firma, die die Wattestäbchen für die DNA-Tests produzierte, ihre Spuren auf den Stäbchen hinterlassen hatte - mehr dazu in DNA-Rätsel ist gelöst (ORF.at, 27.3.2009).

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