Folgenschwere „Panne“
Vor zehn Jahren, am 12. August 2000, ist das russische Atom-U-Boot „Kursk“ nach zwei Explosionen mit 118 Mann in der Barentssee gesunken. In die Trauer um die Besatzung mischte sich schon bald die Wut der Bevölkerung, die nicht zuletzt auf den seit August 1999 als neuer starker Mann im Kreml residierenden Wladimir Putin zielte.
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Der Grund dafür war zunächst, dass Präsident Putin offenbar ungerührt von den Vorfällen in der Barentsee zunächst keinen Anlass sah, seinen Urlaub am Schwarzen Meer abzubrechen. Der heutige Premierminister Russlands verwies in einer ersten Reaktion damals darauf, dass die Ankunft von Laien und hohen Würdenträgern nur die Arbeit der Spezialisten an der Unglücksstelle behindern würde. Angesichts der aussichtslos anmutenden Situation am Unglücksort wurde in Medien allerdings offen darüber spekuliert, dass Kreml-Berater dem Präsidenten nahegelegt hätten, sich nicht mit der hoffnungslosen Rettungsaktion in Verbindung bringen zu lassen.
„Letzte imperiale Hoffnung“
Dazu kam die schleppende Informationspolitik über das Unglück selbst. Nachdem die Öffentlichkeit erst zwei Tage nach dem Untergang über eine „Panne“ auf dem einstigen Glanzstück der Eismeerflotte informiert wurde, offenbarten die verzweifelten Tauchversuche, dass Russlands Marine selbst für die Rettung ihrer „letzten imperialen Hoffnung“ (Zitat „Komsomolskaja Prawda“, Anm.) die notwendigen Mittel fehlten.
Erst nach Tagen des Zögerns wurde schließlich auf westliche Hilfsangebote zurückgegriffen. Norwegische und britische Taucher konnten allerdings nur noch bestätigen, dass es keine Überlebenden mehr in der in 108 Metern Tiefe liegenden „Kursk“ gebe. Der Abschiedsbrief eines im Oktober 2000 tot geborgenen Soldaten bewies aber, dass mindestens 23 Männer im Heck des Schiffes zunächst überlebt hatten.
Keine Kollision
Weitere zwei Jahre vergingen, bis der Bericht einer Regierungskommission über den möglichen Unglücksvorgang vorgelegt wurde.
Oscar-II-Klasse
Die in der Barentssee gesunkene „Kursk“ war ein Atom-U-Boot der Oscar-II-Klasse. Neben der „Kursk“ gehörten nach Angaben der norwegischen Bellona-Stiftung im Jahr 2000 sechs weitere U-Boote dieser Klasse der Nordmeerflotte an, vier der Pazifikflotte.
Nachdem das russische Militär monatelang eine Kollision mit einem anderen U-Boot - genannt wurde etwa die USS Memphis - als mögliche Unfallursache genannt hatte, wurde im Zuge der Ermittlungen festgestellt, dass „die Katastrophe um 9.28 Uhr (MESZ) von einer Explosion ausgelöst wurde, deren Zentrum bei einem Übungstorpedo im vierten Torpedorohr lokalisiert wurde“, wie Generalstaatsanwalt Wladimir Ustinow bei der Übergabe des Abschlussberichts im Juli 2002 betonte.
Ein bisher letztes Kapitel folgte im Vorjahr, nachdem bekannt wurde, dass der Turm der „Kursk“ nicht ein Mahnmal, sondern vielmehr einen Schrottplatz bei Murmansk im Nordwesten Russlands zierte.
Offizielle Trauerfeier abgesagt
Angesichts der zunehmenden Kritik gestand Putin schließlich ein, dass es „unter Gesichtspunkten der Öffentlichkeitsarbeit“ besser gewesen wäre, den Urlaub abzubrechen. Am 22. August 2000 traf sich Putin schließlich erstmals mit den Hinterbliebenen und versprach diesen neben finanzieller Unterstützung eine lückenlose Aufklärung. Nach Angaben eines Teilnehmers kritisierte der Präsident auch die Rettungsausrüstung der Nordmeerflotte und den Rettungseinsatz scharf.

APA/EPA/Yuri Kochetkov
Zahlreiche Angehörige kamen nach dem Unglück zum Heimathafen der „Kursk“ im nordrussischen Widjajewo.
Dennoch kam bereits am folgenden Tag der nächste Rückschlag, nachdem - offenbar auf Druck der Angehörigen - eine für 23. August angekündigte offizielle Abschiedsfeier wieder abgesagt werden musste. Mehrere Angehörige hatten mit einem Boykott der Feierlichkeiten gedroht, solange die Opfer aus dem Atom-U-Boot nicht geborgen seien. Putin flog daraufhin unverrichteter Dinge nach Moskau zurück.
Die Taucharbeiten an der Unglücksstelle wurden nach der Bergung der ersten Leichen am 7. November 2000 eingestellt. Die restlichen Toten konnten erst geborgen werden, nachdem das 18.000-Tonnen-Wrack im Oktober 2001 von dem holländischen Dockschiff „Giant 4“ mit Winden aus der Tiefe gezogen wurde.
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