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Erhalt von Amazonas-Naturpark

Um an Erdöl heranzukommen, werden immer mehr Risiken in Kauf genommen. Ecuador, das ein riesiges noch ungenutztes Ölfeld besitzt, ist hingegen bereit, auf die Förderung des schwarzen Goldes zu verzichten. Die Zusage, große Waldflächen im Yasuni-Naturpark am Amazonas nicht für Ölbohrungen zu zerstören, will das südamerikanische Land sich allerdings bezahlen lassen.

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3,6 Milliarden Dollar verlangt die Regierung in Quito für seine Enthaltsamkeit im Interesse des Klimaschutzes von der internationalen Gemeinschaft. Das Geld soll in einen Fonds fließen, mit dem unter anderem erneuerbare Energien und Aufforstungsprojekte finanziert werden. Die Regierung von Ecuador und das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) unterzeichneten vergangene Woche ein Abkommen für den internationalen Fonds zur Erhaltung des 950.000 Hektar großen Yasuni-Parks.

Hälfte des geschätzten Verkaufswerts

In dem Vertrag ist vorgesehen, dass Ecuador auf die Ausbeutung des dortigen Ölfelds verzichtet, das 20 Prozent der Rohölvorkommen des Landes ausmacht. Dadurch würde der Ausstoß von 407 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids verhindert. Im Gegenzug fordert die Regierung in Quito von der internationalen Gemeinschaft 3,6 Milliarden Dollar (2,7 Mrd. Euro). Das entspricht ihren Angaben zufolge der Hälfte der Summe, die Ecuador mit dem Verkauf des Erdöls erzielen könnte.

„Neue globale Ethik“

Ecuadors Verzicht auf die Ausbeutung des Ölfelds sei „innovativ“ und „gewagt“, lobte UNDP-Vizechefin Rebeca Grynspan bei der Vertragsunterzeichnung. Die ecuadorianische Kultur- und Naturerbeministerin Maria Fernanda Espinosa sprach von einem „ersten großen Schritt“ hin zu einer „neuen globalen Ethik“.

Das Yasuni-ITT genannte Projekt, das Ecuadors Staatschef Rafael Correa der UNO bereits vor etwa drei Jahren unterbreitet hatte, steht aber noch am Anfang. Die Einrichtung des vom UNDP verwalteten Fonds wurde mit der UNO-Organisation ausgehandelt, nicht aber mit den potenziellen Geberländern - Staaten wie Frankreich, Spanien, Italien, die Niederlande, Norwegen und Deutschland gelten als möglicher Unterstützer.

Geberländer befürchten Präzedenzfall

Potenzielle Geber möchten sichergestellt wissen, dass auch die kommenden ecuadorianischen Regierungen auf die Ölförderung im Yasuni-Park verzichten. Außerdem gibt es Befürchtungen, dass das Projekt zum Präzedenzfall wird und andere Schwellen- und Entwicklungsländer internationale Ausgleichszahlungen für Naturschutzmaßnahmen fordern.

Präsident Rafael Correa im Regenwald

AP/Dolores Ochoa

Präsident Rafael Correa besucht den Dschungel

Auch Eigennutz spielt Rolle

Ecuador argumentiert mit dem dringend notwendigen Klimaschutz und dem Erhalt der vielen Tier- und Pflanzenarten, die im Yasuni-Park heimisch sind. Das Land verfolgt das Projekt aber durchaus auch aus eigennützigen Motiven. Wenn Präsident Correa in dem Amazonas-Gebiet Ölbohrungen erlauben würde, müsste er mit Protesten der dort lebenden Indianerstämme und ihrer Unterstützer rechnen.

Durch den Yasuni-ITT-Fonds könnte er hingegen die Wirtschaft seines Landes stützen. Schließlich ist geplant, mit den internationalen Geldern nicht nur Naturschutz- und Aufforstungsprojekte zu finanzieren, sondern auch erneuerbare Energien, Maßnahmen für mehr Energieeffizienz und Umwelttechnologien zu fördern.

Drohgebärden im Jänner

Im September will Ministerin Espinosa in Europa für den Yasuni-Fonds werben, im Oktober in arabischen Ländern. Von den Geberländern will sich Ecuador allerdings nicht bevormunden lassen: Im Jänner hatte Correa mit dem Beginn von Ölbohrungen im Yasuni-Park im Juni gedroht. Damit reagierte er nach eigenen Angaben auf die Forderung potenzieller Geldgeber, in den Entscheidungsgremien die Mehrheit zu bekommen. „Ihr könnt Euer Geld behalten“, polterte der Staatschef. Nun hat er sich besonnen und setzt wieder auf den klimafreundlichen Tauschhandel.

Alexander Martinez, AFP

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