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Dezentrale Forstwirtschaft falscher Weg?

Russische Oppositionelle und Umweltschützer geben der Regierung eine Mitschuld an den Problemen bei der Bekämpfung der schweren Waldbrände. Unter der Präsidentschaft des heutigen Regierungschefs, Wladimir Putin, sei 2006 der Schutz der riesigen russischen Forste dezentralisiert und für wirtschaftliche Zwecke gelockert worden, klagten die Oppositionellen am Dienstag.

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Auch der WWF Deutschland kritisiert das russische Forstmanagement. Hier würden sich die Fehler der vergangenen Jahrzehnte rächen. Illegaler Holzeinschlag, die Übernutzung der Wälder und großflächiger Kahlschlag hätten zu der aktuellen prekären Lage maßgeblich beigetragen.

Entspannung erst im Winter?

Durch Verbuschung und Versteppung würden die Wälder jetzt wie Zunder brennen. Darüber hinaus wurden vor allem im europäischen Teil Russlands im großen Stil Sümpfe trockengelegt. Geraten die ausgetrockneten Torfflächen in Brand, könne man sie kaum mehr löschen. Die Feuer würden wohl erst mit Einbruch des Winters ersticken.

Durch die Dezentralisierung der Forstwirtschaft seien die Wälder, die mit einer Fläche von 809 Millionen Hektar zweimal so groß wie die Europäische Union sind, zum Niemandsland geworden. „Niemals zuvor gab es so ein Chaos in Russlands Wäldern wie heute“, sagte der Abgeordnete Gennadi Gudkow von der linksorientierten Partei Gerechtes Russland.

„Gut für Firmen mit guten Beziehungen zur Regierung“

Das auf Drängen Putins 2006 im Eilverfahren durchgepeitschte Gesetz diene vor allem der wirtschaftlichen Nutzung der Forste. „Es ist gut für große Firmen mit guten Beziehungen zur Regierung. Sie können Bäume schnell fällen, Geld verdienen und verschwinden“, kritisierte Alexei Jaroschenko von Greenpeace Russland. Durch das Gesetz seien die 70.000 Waldhüter abgeschafft worden, die sofort jeden Brand gemeldet hätten. Die neuen Bestimmungen machten es auch leichter, Forstflächen in Bauerwartungsland umzuwandeln.

Verantwortlicher räumte Fehler ein

In Putins Amtszeit als Präsident habe Russland die Strategie verfolgt, die Wälder im selben Umfang auszubeuten wie die Öl- und Gasvorkommen, die die größten der Welt sind. Umweltschützer nennen den Holzverarbeiter Ilim als die treibende Kraft hinter dem Forstgesetz. Leiter der Ilim-Rechtsabteilung war einst der heutige Präsident, Dimitri Medwedew. Ilim-Berater Dimitri Schuiko räumte Fehlentwicklungen ein. Ein zentrales Brandschutzsystem sei besser.

Insgesamt gesehen sei das Gesetz aber „gut für uns. Es schützt die Interessen der großen Waldnutzer“. Der US-Konzern International Paper Co ist zu 50 Prozent an Ilim beteiligt. Ein Sprecher der Forstverwaltung sagte, die rechtlichen Probleme würden nach Ende der Waldbrände angegangen. Die russischen Wälder machen 22 Prozent der weltweiten Forstfläche aus und sind mit ihrer Sauerstoffproduktion von entscheidender Bedeutung für den globalen Klimaschutz.

Gleb Bryanski, Reuters

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