Themenüberblick

Minister: Betteln „nicht ehrlich“

Nach Recherchen des schwedischen Radios SR sind heuer rund 50 europäische Roma, großteils aus Rumänien stammend, aus Schweden ausgewiesen worden. Betteln sei „keine ehrliche Weise“, um an Geld zu kommen, verteidigte Migrationsminister Tobias Billström die Abschiebungen. Eine vor drei Jahren eingesetzte Arbeitsgruppe charakterisiert die aktuelle Lage der Roma in Schweden als beschämend.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Niederlassungsfreiheit gehört zur Grundfreiheit der Personenfreizügigkeit in der Europäischen Union. EU-Bürger sind berechtigt, sich in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union niederzulassen.

Nach Ansicht des Ministers verstoßen die Ausweisungen von Roma aus Schweden auch nicht gegen die persönliche Bewegungsfreiheit innerhalb der EU, weil es Hinweise gebe, dass die Bettelei organisiert sei. Zuvor hatte die schwedische Regierung die Europäische Kommission dazu aufgefordert, eine gemeinsame Strategie zur Bewältigung der exponierten Lage der europäischen Roma zu entwickeln.

In einem Brief an die EU-Kommission in Brüssel schlugen EU-Ministerin Birgitta Ohlsson und Integrationsministerin Nyamko Sabuni unter anderem die Erstellung eines bindenden Aktionsplans zur Sicherstellung von Menschenrechten für Roma in der EU vor. Dieser Aktionsplan solle konkrete Maßnahmen in Hinblick auf Wohnen, Ausbildung und Arbeit für Roma enthalten.

EU-Kommission zurückhaltend

Zurückhaltend reagierte die EU-Kommission auf die jüngst bekanntgewordenen Abschiebungen von EU-Roma aus Schweden wegen Bettelei. Der Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, Michele Cercone, erklärte in Brüssel, gemäß der Personenfreizügigkeit in der EU könne sich jeder Bürger der Union in einem Mitgliedsland aufhalten, „entsprechend einer Anzahl von Bedingungen, wie dass er sich selbst erhalten kann, dass er über genügend Mittel verfügt und keine Bedrohung für ein Land darstellt“.

Es liege damit an einem EU-Staat zu entscheiden, ob ein neuer Bürger genügend Mittel habe, um in dem Land bleiben zu können. Wenn dies der Fall sei und es keine anderen Probleme gebe, könne der Betreffende sich im Land weiter aufhalten. „Ich weiß, das ist keine direkte Antwort“, erklärte Cercone auf die Frage, ob es denn möglich sei, wegen Bettelei ausgewiesen zu werden.

Situation beschämend

Erst Ende Juli hatte die unabhängige „Delegation für Roma-Fragen“ die Menschenrechtslage der Minderheit in Schweden heftig kritisiert. Laut der Leiterin der 2007 ins Leben gerufenen Untersuchungsgruppe, Maria Leissner, sollten sich die Schweden für die ungebrochene Ausgrenzung der Roma und deren soziale Benachteiligung schämen. „Wenn wir begonnen haben, uns zu schämen, können wir vielleicht unser Verhalten ändern“, sagte Leissner.

In dem Bericht ist von einer „extremen und nicht zu rechtfertigenden Ausgrenzung“ von Roma aus allen Bereichen der schwedischen Gesellschaft die Rede. Die Situation der Minderheit in Schweden sei sowohl menschlich als auch wirtschaftlich unhaltbar. Konstatiert wird unter anderem eine Arbeitslosigkeit von 80 Prozent unter den in Schweden ansässigen und aufhältigen Roma. Besondere Mängel gebe es auch bei den Bildungschancen für Roma.

„Hochrangiges europäisches Problem“

Leissner erklärte zudem, Feindseligkeiten gegenüber Roma seien „nicht nur ein schwedisches Problem, es ist ein hochrangiges europäisches Problem“. Dies sei in den vergangenen Tagen „durch Kommentare politischer Verantwortlicher in anderen westlichen Ländern, die zu Diskriminierungen der Roma anstachelten“, offenbar geworden.

Zuletzt wurden vor allem aus Dänemark vermehrt aus Rumänien stammende Roma abgeschoben. In Finnland sollte Ende Juli ein Zeltlager mit rund 100 Roma geräumt werden, die Bewohner kamen allerdings den Polizisten zuvor und verließen das Lager frühzeitig. Das finnische Innenministerium erwägt nun ein generelles Bettelverbot, Menschenrechtsorganisationen sehen darin eine diskriminierende Maßnahme gegen Roma.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte nach Ausschreitungen harte Maßnahmen gegen Roma angekündigt. In den kommenden drei Monaten sollen 300 illegale Lager aufgelöst werden. Wer kriminell werde, soll abgeschoben werden. Lobbyorganisationen sprechen von einer Stigmatisierung einer Minderheit. Sie verweisen darauf, dass viele Gemeinden den Roma nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Lagerplätze zur Verfügung stellen oder den Kindern die Einschulung verweigern.

Links: