Ein Drittel aus der EU
Knapp 1,5 Millionen Menschen in Österreich haben einen Migrationshintergrund. Das heißt, sie wurden entweder selbst im Ausland geboren oder ihre Eltern. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von knapp 18 Prozent, wie aus dem am Mittwoch publizierten Jahresbericht „Migration & Integration 2010“ der Statistik Austria hervorgeht.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Zahl der ausländischen Staatsbürger lag Anfang des Jahres bei 895.000, das sind 10,7 Prozent der Bevölkerung. Im Durchschnitt des Jahres 2009 lebten rund 1,47 Millionen (17,8 Prozent) mit Migrationshintergrund in Österreich. Davon wurden rund 1,08 Millionen selbst im Ausland geboren. Knapp 386.000 Personen sind in Österreich geborene Nachkommen von Eltern mit ausländischem Geburtsort und werden daher auch als „zweite Generation“ bezeichnet.
Kooperation mit Akademie der Wissenschaften
Das Statistische Jahrbuch für Migration und Integration wurde heuer laut Statistik Austria erstmals in Zusammenarbeit mit der Kommission für Migrations- und Integrationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erstellt. Neben aktuellen Daten und Fakten rund um die Themen Migration und Integration sind erstmals auch 25 definierte Indikatoren zur Beurteilung von Integrationsprozessen enthalten. Diese reichen von demografischen Aspekten über die sozioökonomische Situation bis zum Thema Sicherheit.
Ein Drittel dieser Gruppe (487.000 Personen) stammt aus anderen EU-Staaten. Die am stärksten vertretene Nation waren am Stichtag 1.1.2010 die knapp 213.000 Personen deutscher Herkunft, die erstmals die rund 207.000 Migranten aus Serbien, Montenegro und dem Kosovo auf Rang zwei verwiesen. Den dritten Platz belegten 183.000 Personen türkischer Herkunft. An vierter Stelle lag die rund 130.000 Personen umfassende Bevölkerungsgruppe aus Bosnien/Herzegowina, während Platz fünf von etwa 70.000 Personen kroatischer Herkunft belegt wurde.
Auch bei Höhergebildeten stark vertreten
Zuwanderer haben den Angaben zufolge im Vergleich zu Österreichern doppelt so oft nur einen Pflichtschulabschluss. Insbesondere Migranten aus der Türkei (68 Prozent) schlossen überwiegend keine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung ab.
Andererseits sind die Migranten auch in der Gruppe der Höhergebildeten stärker vertreten, was in erster Linie auf Zuwanderung aus der EU zurückgeht. Verfügte 2009 nur rund ein Viertel der österreichischen Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren über Matura oder einen akademischen Abschluss, traf das auf gut ein Drittel aller Personen mit Migrationshintergrund gleichen Alters zu.
Kaum Unterschiede bei der zweiten Generation
Personen mit ausländischen Wurzeln stehen in geringerem Maße im Erwerbsleben. So lag die Erwerbstätigenquote von Migranten im Jahr 2009 bei 64 Prozent, jene der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund dagegen bei 74 Prozent. Dieser Unterschied ist wesentlich auf die niedrigere Beteiligung von Migrantinnen, insbesondere von türkischen Frauen (39 Prozent), zurückzuführen. Bei der zweiten Generation habe sich das Erwerbsverhalten dagegen weitgehend an die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund angenähert.
Deutlich niedriger ist bei Zuwanderern das Lohnniveau: Ausländische Staatsangehörige, die ganzjährig erwerbstätig waren, verdienten netto im Jahr 2008 mit 17.949 Euro rund 15 Prozent weniger als der Durchschnitt. Das hängt auch mit den Arbeitsfeldern zusammen, in denen Migranten tätig sind. Bei Erwerbstätigen ohne Migrationshintergrund überwogen im Jahr 2009 Angestellte und Beamte (zusammen 61 Prozent), während nur 24 Prozent als Arbeiter tätig waren. Hingegen waren Personen mit Migrationshintergrund überwiegend - konkret zu 46 Prozent - Arbeiter. Gut ein Viertel der Migranten gilt als armutsgefährdet, im Vergleich zu elf Prozent bei den Österreichern.
Weniger Wohnfläche
Die geringeren Einkommen finden auch beim Wohnraum ihren Niederschlag. Im Jahr 2009 lag die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf bei rund 43 Quadratmetern. Personen mit Migrationshintergrund stand mit 31 Quadratmetern pro Kopf rund ein Drittel weniger Wohnfläche zur Verfügung, wobei die Wohnverhältnisse von Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien mit 25 Quadratmetern sowie der türkischen Bevölkerung mit 20 Quadratmetern besonders beengt waren.
Höhere Lebenserwartung
Bei in Österreich geborenen österreichischen Staatsangehörigen lag zuletzt die Lebenserwartung bei 77,3 Jahren für Männer und 82,8 Jahren für Frauen. Bei Personen ausländischer Herkunft war sie mit 78,0 Jahren für Männer etwas höher, für Frauen mit 82,9 Jahren ebenfalls.
Die insgesamt höhere Lebenserwartung überrascht laut Statistik Austria insofern, als sich Personen mit Migrationshintergrund deutlich seltener Vorsorgeuntersuchungen unterziehen und auch viel weniger Impfungen in Anspruch genommen werden.
Häufiger Schuldsprüche vor Gericht
Überdurchschnittlich oft werden Personen mit Migrationshintergrund an Österreichs Gerichten mit Bußen belegt. Knapp 30 Prozent der im Jahr 2009 verurteilten Personen waren Ausländer. Bezogen auf die Bevölkerung gleicher Staatsangehörigkeit über 14 Jahren (dem Mindestalter für eine gerichtliche Verurteilung) wurden rund dreieinhalbmal so viele ausländische Staatsangehörige gerichtlich verurteilt wie Österreicher.
Zu berücksichtigen ist laut Statistik Austria, dass manche Delikte (z. B. Fremdenrecht, Urkundenfälschung) durch spezifische Aufenthaltsbestimmungen überwiegend von Drittstaatsangehörigen begangen werden. Gleichzeitig markiert die Statistik, dass Zuwanderer nahezu doppelt so oft von Straftaten geschädigt wurden als die inländische Bevölkerung.
Zwei Drittel orten schlechte Integration
Pessimistisch eingeschätzt wird von der Bevölkerung das Integrationsklima: Mehr als zwei Drittel sind der Meinung, dass Integration eher schlecht oder sehr schlecht funktioniere. Die zugewanderte Bevölkerung teilt diesen Pessimismus allerdings nicht: Die überwiegende Mehrheit (86 Prozent) fühle sich in Österreich bereits völlig oder eher heimisch.
Link: