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„Aus der Schule geplaudert“

Die Causa der angeblichen Millionenkonten von Ex-Landeshauptmann Jörg Haider wird immer verworrener. Für Aufregung sorgen zahlreiche widersprüchliche, von verschiedenden Medien zitierte und kolportierte Aussagen und zuletzt vor allem ein Tagebuch des Lobbyisten, Ex-Freundes von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und früheren Haider-Intimus Walter Meischberger.

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Die genauesten und ausführlichsten Angaben finden sich in Meischbergers Tagebuch, das im Zuge der BUWOG-Ermittlungen von der Polizei sichergestellt und nun von der Wiener Wochenzeitung „Falter“ auszugsweise veröffentlicht wurde. Unter anderem berichtet der Lobbyist darin von einem Treffen mit Haiders früheren Protokollchef Franz Koloini, bei dem sie über Millionenzahlungen nicht nur von Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi, sondern auch von den Söhnen des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein redeten. Laut Aufzeichnungen Meischbergers habe Koloini „aus der Schule geplaudert“.

Koloini relativiert

Koloini selbst bestätigt nun gegenüber dem ORF-Radio ein solches Treffen mit Meischberger, allerdings relativierte er die Aussagen. Man habe damals nur über entsprechende Gerüchte über Haider geredet. Ob es die Millionen-Zahlungen von Gaddafi und Hussein gegeben habe oder nicht, wisse er nicht, so Koloini.

Das alles habe er auch schon der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Diese bestätigt zwar, dass Koloini einvernommen worden ist, und sie bestätigt auch, dass ihr das Tagebuch Meischbergers seit einer Hausdurchsuchung vorliege - zu den Inhalten will man in beiden Fällen aber nicht Stellung nehmen - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Tagebuch als Auslöser

Das vom „Falter“ veröffentlichte Tagebuch Meischbergers könnte der Ausgangspunkt der ganzen Aufregung um die angeblichen Haider-Konten sein. Seit Februar liegt dieses Notizbuch bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Das Tagebuch war bei der Hausdurchsuchung (im Zuge der Causae Immofinanz/BUWOG/Constantia) bei Meischberger gefunden worden, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Thomas Vecsey. Weder Meischberger noch sein Anwalt waren vorerst für eine Stellungnahme zu erreichen.

Millionen auch in der Schweiz?

Meischberger berichtet in seinem Tagebuch nicht nur über seine Geheimtreffen mit Grasser in einem Hinterzimmer und über Zahlungen von 45 Millionen Euro an die FPÖ durch Gaddafi, sondern auch über die in der Schweiz (nicht in Liechtenstein) geparkten Millionen von Saddam Husseins Söhnen. Teile des Vermögens sollen von Haiders engsten Vertrauten von der Schweiz nach München in Sicherheit gebracht und bei der Hypo angelegt worden sein, so der Verdacht.

„Legte Haider mit 32 Mio. anständig hinein“

Als Quelle all dieser Vorwürfe nennt Meischberger Koloini. Bei einem Besuch in einem Wiener Restaurant habe dieser „aus der Schule geplaudert“, so Meischberger. Festgehalten ist in dem Tagebuch etwa die Geschichte eines (dem „Falter“ namentlich bekannten, Anm.) Parteisekretärs Haiders, „der mit 32 Millionen den Haider anständig hineingelegt hat. Das Geld stammte von einer 45-Millionen-Überweisung von Gaddafi“.

Schweigegeld für mysteriösen Unfall

Mit einem Teil des Geldes seien einem (dem „Falter“ laut Aussendung namentlich bekannten, Anm.) Medienunternehmer eine brisante Titelgeschichte über einen mysteriösen Unfall in der Wiener Villa von Gaddafi jr. „weggekauft“ sowie ein Bauunternehmer und ein Banker bestochen worden. Wie „Falter“-Recherchen ergaben, stürzte eine Bulgarin, vermutlich eine Prostituierte, im Jahr 2007 tatsächlich vom Balkon der Wiener Villa des Gaddafi-Sohnes, als sie sich mit Gaddafis Leibwächtern traf. Sie lag tagelang im Koma.

Der Gaddafi-Sohn wurde zu dem mysteriösen Vorfall nie einvernommen, sondern konnte sich schon wenige Stunden später ins Ausland absetzen. Über den Vorfall wurde damals nur knapp berichtet. Mit einem Großteil des Gaddafi-Geldes sei aber ein Haider-Vertrauter „abgehaut“, so notiert Meischberger. „Haider hat ihn suchen lassen, aber XY (Name des Haider-Sekretärs, Anm.) hat nur gesagt: ‚Wenn man mir drohen will, dann werden wir halt darüber reden, woher dieses Geld stammt.‘“

Saddam-Millionen: „Denen war nichts zu blöd“

Weiters, so Meischberger, „bestätigte Franzi (Koloini, Anm.) die Sache mit dem Saddam-Geld. Über zehn Millionen Euro, wahrscheinlich 15 Millionen, haben sie damals aus dem Irak heimgebracht. Denen war nichts zu blöd“. Meischberger notiert, dass auch ein damaliger FPÖ-Minister „dabei“ gewesen sei. Der Name des Politikers ist dem „Falter“ bekannt.

Aus Meischbergers Tagebuch laut „Falter“: „Eine weitere interessante Info betrifft XY (Name eines weiteren Haider-Vertrauten, Anm.). Der soll in der Hypo-Sache stecken und am Deal von Tilo Berlin kräftig mitverdient haben. Das wäre an und für sich noch nichts Schlimmes, aber die Herkunft des Geldes schon. Euro fünf Millionen soll er im Koffer aus der Schweiz nach München gebracht haben und so investiert haben. Die fünf Millionen kommen vom Konto der ermordeten Söhne von Saddam Hussein, das von einem ‚Bekannten‘ in der Schweiz verwaltet wurde.“

Justiz prüft Wahrheitsgehalt

Das Notizbuch wird nun von der Justiz auf seine Glaubwürdigkeit untersucht. Es gilt für alle genannten Personen die Unschuldsvermutung. Die Namen der Betroffenen werden vom „Falter“ nicht genannt, da die Ermittlungen noch andauern und der Wahrheitsgehalt von Meischbergers Notizen noch nicht geklärt ist.

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