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Syrien dementiert Beteiligung

Zum ersten Mal seit dem Attentat auf den früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri vor fünf Jahren hat der syrische Präsident, Baschar Al-Assad, das Nachbarland besucht. Der Anschlag auf Hariri hatte die „Zedernrevolution“ ausgelöst, die syrischen Truppen zogen aus dem Libanon ab. Seitdem waren die Beziehungen zwischen den beiden arabischen Staaten angespannt.

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Denn immer wieder wurden Vorwürfe laut, dass Syrien hinter dem Anschlag stecke. Ein Untersuchungsbericht nach UNO-Ermittlungen belastete sogar Familienangehörige des syrischen Präsidenten. Der syrische Innenminister und frühere Geheimdienstkoordinator im Libanon, General Ghazi Kanaan, starb Ende 2005 in seinem Büro, etwa einen Monat, nachdem er mit den UNO-Ermittlern gesprochen hatte. Nach syrischen Angaben erschoss er sich selbst. Im Libanon gibt es aber Vermutungen, dass er umgebracht wurde.

Nun gibt es erneut Verdächtigungen, wonach Hisbollah-Funktionäre an dem Mord beteiligt gewesen sein sollen. Damaskus dementierte allerdings jegliche Verwicklungen in den Mord. Am Freitag trafen Assad und der saudi-arabische König Abdullah den libanesischen Präsidenten Michel Suleiman, Regierungschef Saad Hariri, mehrere Minister sowie einen Vertreter der schiitischen Hisbollah-Miliz.

„Partei Gottes“

Die von Syrien unterstützte schiitische Hisbollah („Partei Gottes“) ist in der libanesischen Regierung vertreten. Die Schiiten sind im Libanon die zahlenmäßig größte Bevölkerungsgruppe. Syrien war seit den 90er Jahren als Schutzmacht des Libanons aufgetreten und hatte dort bis nach dem Hariri-Mord Soldaten stationiert.

Anklage kurz vor Veröffentlichung

Die Zeit drängt. Denn die Veröffentlichung des Berichts des UNO-Tribunals zur Aufklärung des Hariri-Mords steht kurz bevor, und der könnte einigen Sprengstoff bieten. Beobachter befürchten einen neuen Ausbruch von Gewalt. Vermittler versuchen nun mit der Formel „Angeklagt werden nur Individuen, keine Parteien“, bewaffnete Konflikte im Libanon zu verhindern, und bemühen sich um Krisenprävention. In jedem Fall wird offenbar versucht, die Anklage des Tribunals noch bis Jahresende hinauszuzögern, um noch strittige Punkte zwischen Beirut und Damaskus zu klären.

Saudi-arabische Vermittlung

Der saudi-arabische König Abdullah begleitete Assad nach Beirut. Insbesondere Saudi-Arabien, aber auch die Türkei setzten sich in den vergangenen Monaten für eine Aussöhnung von Assad und Saad Hariri ein. Hariris Sohn Saad steht nun an der Spitze der libanesischen Regierung. Saudi-Arabien sei laut Sahar Al-Atrache, Expertin des Think-Tanks International Crisis Group (ICG), Hauptstütze Hariris.

Schon im Sommer vor zwei Jahren hatte Assad beim Gründungsgipfel der Mittelmeerunion in Paris mit dem libanesischen Staatspräsidenten General Michel Sleimane vereinbart, an einer Normalisierung der Beziehungen zu arbeiten.

„Historischer Charakter“

Das Treffen in Beirut ist nun ein weiterer Schritt zur Aussöhnung. Die Erwartungen sind hoch. „Die Libanesen wollen aus Assads Mund eine neue Sprache hören“, schrieb etwa die Beiruter Zeitung „An-Nahar“. Für die Zeitung hat „der Doppelbesuch zweifellos historischen Charakter durch das ‚Timing‘ vor dem Hintergrund der Krise um das internationale Hariri-Tribunal“. Beobachter erwarten sich einen wesentlichen Beitrag zum Abbau von Spannungen. Positive Auswirkungen auf die libanesische Innenpolitik zeigte bereits die Annäherung zwischen Damaskus und Riad.

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