„Politisch-moralische Verantwortung“
Die Rücktrittsforderungen an den seit Tagen abgetauchten Duisburger Oberbürgermeister, Adolf Sauerland (CDU), werden lauter. Angesichts der Katastrophe bei der Loveparade vergangenen Samstag verwies der Innenminister des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD), am Donnerstag auf „eine politisch-moralische Verantwortung“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Im ZDF betonte Jäger, Sauerland wäre gut beraten, die Frage seiner moralischen Verantwortung „sehr schnell zu beantworten“.
Die Ministerpräsidentin des Landes, Hannelore Kraft (SPD), hatte zuvor der „Rheinischen Post“ gesagt, Sauerland und die Verantwortlichen in der Stadtspitze müssten sich letztendlich der politischen Verantwortung stellen. Bei einer Massenpanik während der Loveparade waren 21 Menschen ums Leben gekommen, 25 Verletzte liegen noch im Krankenhaus.
Sauerland: Nicht unterschrieben
Am Vormittag forderten 200 aufgebrachte Demonstranten vor dem Rathaus in Duisburg lautstark Sauerlands Rücktritt. Der Oberbürgermeister wird von mehreren Seiten für eine mangelhafte Vorbereitung des Großereignisses verantwortlich gemacht. Er lehnte bisher einen Rücktritt ab, zeigte sich aber seit Tagen nicht mehr in der Öffentlichkeit. Sauerland betont, er habe keine Genehmigung für die Loveparade unterschrieben.
Polizeigewerkschaft empört
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft reagierte auf die Rechtfertigung mit Empörung. „Es ist völlig unerheblich, ob der Oberbürgermeister Vorgänge selbst unterschrieben hat“, sagte Rainer Wendt dem „Handelsblatt Online“. „Es ist das Wesen der politischen Verantwortung, dass es nicht an persönliches Fehlverhalten geknüpft ist, sondern für gravierende Fehlentscheidungen im Verantwortungsbereich des Politikers wirksam wird.“
Opferfonds angeregt
Der frühere deutsche Innenminister Gerhart Baum regte unterdessen einen Opferfonds an, um bei Zahlungsunfähigkeit des Loveparade-Veranstalters Ausfälle auszugleichen.
Er rät den Hinterbliebenen der Opfer und den Verletzten, sich rasch zusammenschließen. Er könne nur empfehlen, schon jetzt klare Zusagen auf Schadenersatz von den Verantwortlichen einzufordern, sagte der FDP-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. „Später, wenn es zu Prozessen kommen sollte, ist das immer sehr, sehr schwierig.“ Baum regte zugleich einen Opferfonds an. Staat, Land und Stadt könnten einen solchen Fonds schaffen, um Ausfälle auszugleichen, die durch Zahlungsunfähigkeit des Loveparade-Veranstalters entstehen könnten.
Jäger: Sicherheitskonzept nicht eingehalten
NRW-Innenminister Jäger sagte zu den bisherigen Ermittlungen, es sei klar, dass die Stadt Duisburg dem Veranstalter genehmigt habe, Flucht- und Zulaufwege „sehr viel kleiner, sehr viel enger gestalten zu dürfen, als die gesetzliche Lage eigentlich erlaubt“. Es werde ein Problem der Stadt werden, das zu begründen. Aber auch der Veranstalter, der für den Bereich des Tunnels verantwortlich gewesen sei, habe sein eigenes Sicherheitskonzept nicht eingehalten. Er hätte für die Sicherheit zu sorgen gehabt. „Das hat überhaupt nicht funktioniert“, kritisierte Jäger. Ohne das beherzte Eingreifen der Polizei wären nach seinen Worten vielleicht noch mehr Verletzte oder Todesopfer zu beklagen gewesen.
Links: