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22-jähriger Soldat unter Verdacht?

Nach der Veröffentlichung der brisanten Geheimberichte des US-Militärs durch das Internetportal WikiLeaks befürchtet die US-Regierung, dass weitere geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Man werde „alles unternehmen was notwendig ist, um herauszufinden, wer für das Datenleck verantwortlich ist“, kündigte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Geoff Morrell, an.

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Dem Ministerium zufolge wird die Bewertung der durch den Internetdienst WikiLeaks veröffentlichten Dokumente Tage oder sogar Wochen dauern. Deshalb sei der Schaden für die Sicherheit des Landes derzeit noch nicht abzusehen.

Geheimdokumente enthüllen düsteres Bild

Das auf Enthüllungsgeschichten spezialisierte Internetportal WikiLeaks hatte am Sonntag Tausende brisante Dokumente veröffentlicht, die nach Angaben des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ ein „ungefiltertes Bild des Krieges“ und eine „düstere“ Darstellung der Lage in Afghanistan zeichnen. Das Hamburger Magazin hatte die Dokumente ebenso wie die „New York Times“ und „The Guardian“ von WikiLeaks vorab zur Prüfung erhalten. Die drei Blätter befanden sie für authentisch.

Die Dokumente wurden WikiLeaks von unbekannter Seite zugespielt. Über 75.000 Dokumente wurden direkt veröffentlicht, der Rest wurde laut der Website vorerst zum Schutz der Quelle zurückgehalten. Sie sollten zur Gänze veröffentlicht werden, „wenn es die Sicherheitslage in Afghanistan erlaubt“.

„Hat Potenzial, sehr schädlich zu sein“

Laut dem Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, hat die US-Regierung bereits eine Untersuchung der Militärakten eingeleitet. Gibbs bezeichnete die Tatsache, dass WikiLeaks die Dokumente ins Internet stellte, als „Verletzung von Bundesgesetzen“. Der Schritt „hat das Potenzial, sehr schädlich zu sein, für Militärangehörige, für jene, die mit unserem Militär zusammenarbeiten“, sagte Gibbs in Washington. Die Veröffentlichung sei eine „besorgniserregende Entwicklung, was die Sicherheit von Operationen angeht“.

Die Dokumente enthielten allerdings „keine neuen Enthüllungen“, sagte der Sprecher weiter. Allerdings würden dort Namen, Operationen und logistische Unternehmungen genannt. „Das stellt eine sehr reale und potenzielle Bedrohung für jene dar, die jeden Tag sehr hart für unsere Sicherheit arbeiten“, sagte Gibbs.

US-Medien: Keine neuen Erkenntnisse

US-Medien und Experten kamen am Dienstag ebenfalls zu dem Schluss, dass die Dokumente kaum wirklich neue Erkenntnisse enthielten. „Das WikiLeaks-Material bestätigt und ergänzt die Berichte über Afghanistan zwischen 2004 und 2009, mit denen die meisten Amerikaner bereits vertraut sind“, schreibt die „Washington Post“. „Die Dokumente bieten wenig neue Enthüllungen und bestehen zumeist aus rohen und möglicherweise fehlerhaften Geheimdienstinformationen“, urteilte das „Wall Street Journal“.

„Ich habe bisher nichts in den Dokumenten gesehen, das mich entweder überrascht oder mir etwas Bedeutendes mitgeteilt hätte“, schreibt Afghanistan-Experte Andrew Exum in einem Beitrag für die „New York Times“.    

Bereits angeklagter Soldat offenbar verdächtigt

Wie die britische Zeitung „Daily Mail“ (Onlineausgabe) berichtet gibt es auch bereits einen ersten Verdächtigen: Bradley Manning, jener 22-jährige US-Soldat, der Anfang Juli angeklagt wurde, ein Video von einem umstrittenen Kampfeinsatz im Irak veröffentlicht zu haben, soll WikiLeaks die Dokumente zugespielt haben.

Das aufsehenerregende Video, das WikiLeaks im April veröffentlichte, zeigt einen brutalen Angriff auf Zivilisten im Juli 2007, der einem Computerspiel ähnelte. Während des Angriffs gibt ein US-Soldat in seinem Kampfhubschrauber zynische Kommentare ab.

In der Anklage vom 7. Juli wurde Manning, der für das US-Heer geheimdienstliche Informationen analysierte, auch zur Last gelegt, streng geheime Aufzeichnungen des US-Außenministeriums auf seinen Computer geladen zu haben - mehr dazu in futurezone.ORF.at.

Mit Datenklau geprahlt

Laut dem Computerhacker Adrian Lamo habe der 22-Jährige ihm gegenüber damit geprahlt, Hochsicherheitsdaten gespeichert zu haben. Wie „Daily Mail“ berichtet, gab er vor, die Dokumente auf CDs gebrannt zu haben, um sie WikiLeaks auszuhändigen.

„Hillary Clinton und mehrere Tausend Diplomaten rund um die Welt werden einen Herzinfarkt bekommen, wenn sie eines Morgens aufwachen und sehen, dass eine ganze Fundgrube von geheimen Außenpolitik-Informationen der Öffentlichkeit in einem durchsuchbaren Format zur Verfügung steht“, soll Manning zu Lamo gesagt haben.

„Glaube, jemand muss ihm geholfen haben“

Der Hacker kontaktierte laut „Daily Mail“ Vertreter des US-Militärs und traf sich mit ihnen in einem Starbuck’s-Cafe, um ihnen eine Kopie der Gespräche mit Manning zu übergeben. Laut Lamos Ansicht steckt der 22-Jährige nicht allein hinter der Enthüllungsaktion. Er habe nicht die „technologische Kompetenz“, um die geheimen Dokumente unbemerkt hinauszuschmuggeln. „Ich glaube, jemand muss ihm geholfen haben“, sagte er.

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