„Inception“: Der Beginn der Geschichte
Auch der Sommer 2010 scheint seinen Blockbuster gefunden zu haben: Christopher Nolans Traumspektakel „Inception“ bricht an den US-amerikanischen Kinokassen einen Rekord nach dem anderen. Leonardo DiCaprio schlüpft darin in die Rolle eines schuldgeplagten Gedankendiebes, der sich schlafwandlerisch durch die Träume anderer bewegt, sich aber in der Realität längst verloren hat.
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Schon mit seinem ersten Erfolgsprojekt „Memento“ (2001) bewies der britisch-amerikanische Regisseur Christopher Nolan, dass er ein Experte für das Spiel mit Wahrnehmung und Wahrheit ist. Vor zwei Jahren sorgte er mit „The Dark Knight“ für Aufsehen und für eine neue Ära in der Batman-Geschichte. Für seinen neuesten Kinofilm, „Inception“, verbindet er geschickt ein bombastisches Actionabenteuer mit spannender Science-Fiction und spielt mit den Illusionen gleich auf mehreren Ebenen.
An der Spitze der Kinocharts
„Inception“ belegte bereits zwei Wochenenden infolge den ersten Platz in den nordamerikanischen Kinocharts. Nach Schätzungen des Studios Warner Bros. spielte der Film damit seit dem Kinostart vor zehn Tagen schon knapp 144 Mio. Dollar ein.
In „Inception“ können Menschen mithilfe einer Maschine ihre Träume teilen und diese auch gegenseitig beeinflussen. Um die Technologie für kriminelle Zwecke nutzen zu können, muss man aber tiefer in das Unterbewusste eindringen: Erst im Traum im Traum kann man anderen Menschen verborgene Geheimnisse entreißen. Und um ein fremdes Unterbewusstsein beeinflussen zu können, muss man gar noch eine Ebene tiefer gehen und einen Traum im Traum im Traum erzeugen.
Ideen in fremde Gehirne pflanzen
DiCaprio ist als Dominic Cobb Meister solcher Experimente und stellt als professioneller Gedankendieb sein Wissen rund um die Welt für Industriespionage zur Verfügung. Bis ein japanischer Geschäftsmann plötzlich das Gegenteil verlangt: Cobb soll sein Wissen dazu verwenden, eine Idee in das Gehirn der Konkurrenz einpflanzen. Er soll sozusagen den Samen säen, aus dem in einem fremden Gehirn eine Idee ihren Ausgang nimmt. Ein gefährliches Spiel beginnt, denn im Traum gelten die physikalischen Gesetze der Realität nicht.

2010 Warner Bros. Ent.
Marion Cotillard und Leonardo DiCaprio als Ehepaar mit dunkler Vergangenheit.
DiCaprios Unterfangen ist nicht ungefährlich, weil sich Raum und Zeit mit jeder Ebene weniger der Realität unterwerfen. Seine eigene Vergangenheit und Schuldgefühle gegenüber seiner Familie mischen sich in den künstlichen Tiefschlaf. Die französische Schauspielerin Marion Cotillard geistert als DiCaprios Frau Mal durch die Traumwelten und treibt den Traumfänger fast in den Wahnsinn.
Am seidenen Ariadnefaden
Inmitten der Traum-Realität-Komplexität nimmt eine angehende Architektin das Publikum an der Hand und führt es durch den Irrgarten der Gedanken. Ariadne, gespielt von der aus „Juno“ bekannten Nachwuchsdarstellerin Ellen Page, wird von DiCaprio angeheuert, um für ihn die Träume zu designen.
Der Name der jungen Dame ist wohl nicht zufällig gewählt: Sie hält - wie ihr Vorbild in der griechischen Mythologie - den Faden zum Zurechtfinden im Labyrinth in der Hand.

2010 Warner Bros. Ent.
Leonardo DiCaprio und Ellen Page gestalten im Film die Träume fremder Menschen.
Ariadnes Name ist nicht die einzige Referenz in Nolans Blockbuster: Sigmund Freuds Traumdeutung spielt ebenso eine Rolle wie filmische Zitate aus „Matrix“ und „2001: Odyssee im Weltraum“ sowie Assoziationen mit Gemälden M. C. Eschers. Zugleich erinnert „Inception“ in der Konzeption an ein Computerspiel, in dem die Figuren Level für Level vordringen müssen, um die tief versteckte Lösung des Rätsels zu erreichen. So zieht der Regisseur das Publikum tief in die Traumwelt - und hinterlässt trotz aller Verwirrung einen tiefen Eindruck. Am Ende bleibt die ewige Frage: War alles nur ein Traum?
Sophia Felbermair, ORF.at
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